Kompakt - Kritik
Wiederauflagen von Spielen aus Klein(st)verlagen gehören fest zum Konzept des Verlages Queen Games. Hierzu zählen Titel wie Al Capone/Stimmt So, das später als Alhambra zum Spiel des Jahres 2003 gekürt wurde. Weitere Beispiele sind Carat - erst mit gleichnamiger Wiederauflage, später als Die Gärten der Alhambra - sowie Iron Horse/Metro und Premiere/Showmanager/Atlantic Star. In jüngerer Zeit kamen Timbuktu und Jenseits von Theben wiederum mit gleichnamigen Neuauflagen hinzu. Welches der genannten Spiele passt nicht in diese Reihe? Wer auf den zuletzt genannten Titel getippt hat, liegt richtig. Dieses wurde mit Peter Prinz von einem anderen Autoren erdacht. Die anderen Spiele der aufgeführten Liste stammen von Dirk Henn. So auch Eketorp, das 2003 zunächst im Eigenverlag db-Spiele erschien und seit der Spiel '07 in Essen bei Queen Games einem größeren Publikum zugänglich gemacht wurde.
Da es zu Eketorp von db-Spiele bereits eine Spielerei-Rezension bei Hall9000 gibt, hier nur eine Kurzzusammenfassung der Regeln: Um die eigene Wikingerburg auszubauen, plant man zu Beginn der Runde den Einsatz der eigenen Wikinger. Diese können zum Baustoff-Nachschub entsendet werden. Auf sieben Feldern liegen verschiedene Materialien zur Verfügung. Deren Wert liegt zwischen einem und vier Punkten, wobei das billige Material Gras häufiger vorkommt als der teuerste Baustoff Stein. Desweiteren kann man versuchen, fremde Burgen zu beschädigen und das "frei werdende" Material für die eigene Burg mitnehmen. Schließlich ist es häufig ratsam, einen kleinen Verteidigungstrupp daheim zu lassen. Gibt es für das verfügbare Material zu viele Interessenten, so müssen diese kämpfen. Wer die niedrigere Kampfkarte spielt, muss den Platz räumen und wird ins Lazarett eingeliefert. Je nach Ausmaß der Niederlage muss der tapfere Krieger dort mehr oder weniger viele Runden verweilen. Die Kartenwerte liegen zwischen 1 und 6. Der Clou: Nach dem Kampf werden die Karten ausgetauscht. Auch der Angriff auf eine Burg wird auf diese Weise durchgeführt. Sobald alle Kämpfe aufgelöst wurden, werden die Baustoffe heimgetragen und in die eigene Burg eingefügt. Das Spiel endet entweder nach 10 Runden, oder wenn ein Spieler seine Burg mit 18 Bausteinen vollendet hat. Siegpunkte gibt es für die verbauten Materialien. Ein Bonus wird an alle Burgherren mit fertigem Bauwerk ausgeschüttet. Die Siegpunkte pro übriggebliebenem Amulett vergisst man zum Schluss gerne. Die Amulette können während des Spiels für den zufälligen Austausch unliebsamer Kampfkarten verwendet werden.
Zentrales Element bei Eketorp ist die geheime Planug. Hier müssen die Mitspieler richtig eingeschätzt werden. Stürzen sich alle auf Baustoff-Felder mit viel Material? Lohnt es sich, Felder mit einzelnen Bausteinen anzusteuern? Dann kann es überraschend passieren, dass alle dieselbe Idee hatten und sich hier zu einer großen Schlacht treffen... Wann lohnt es sich, eine Burg anzugreifen? Wenn man auf einen Verteidiger trifft, kann man meist nur billiges Baumaterial abbauen und entwenden. Im Gegenzug baut man die eigene Burg freilich so, dass teures und damit stabileres Material oben zum Einsatz kommt. Auf diese Weise beugt man dem Raubbau durch fremde Krieger vor. Der spannendste Moment jeder Runde ist das Lüften der Sichtschirme! Welche Pläne sind aufgegangen, bei welchen muss bis zum entscheidenden Kampf gebangt werden?
Die Abwicklung der Kämpfe findet reihum statt. Durch den Austausch der Kampfkarten verschieben sich die Kräfte. Wer unterliegt, erhält im Austausch eine stärkere Kampfkarte. Dennoch kann das Kartenpech stark zuschlagen. Selbst die Möglichkeit des Kartentauschs durch Einsatz von Amuletten bringt nicht unbedingt eine Verbesserung. Besonders ärgerlich ist es, eine schlechte Kampfkarte gegen eine nur wenig stärkere eintauschen zu müssen.
Einen sehr rauen Einstieg kann Eketorp erfahren, wenn gleich alle Spieler alle Wikinger zur Baustoff-Beschaffung schicken. Dann passiert nämlich Folgendes: Es müssen etliche Kämpfe abgehandelt werden und den Pflegekräften im Lazarett werden Überstunden aufgebrummt. In den Folgerunden passiert nicht viel, weil die meisten Krieger noch bei der Genesung sind. Wer jetzt noch die meisten Wikinger hat, kann ungehindert Material einsammeln und einen tüchtigen Vorsprung aufbauen. Ein wohlüberlegter Einsatz in der ersten Runde ist also eminent wichtig.
Ein paar Klippen sind also zu umschiffen, um erfolgreich in Eketorp anzulanden. Dennoch wurde es in den meisten meiner Spielerunden recht gut aufgenommen. Die gleichzeitige Planung gewährleistet eine gute Spielbarkeit auch mit fünf oder gar sechs Personen. Bei dieser Besetzung wird durch größeren Baustoff-Nachschub gewährleistet, dass die Anzahl der Konflikte nicht übermäßig zunimmt. Für einen kurzweiligen Ausflug mit Wikinger-Flair ist Eketorp damit durchaus eine Probepartie wert. Und was bleibt als Ausblick? Im Programm von db-Spiele sind z.B. mit Beziehungskisten oder Yukon Company noch diverse Titel, die einer Wiederveröffentlichung harren. Mal schauen, welchen Titeln man in den nächsten Jahren wiederbegegnet...
Rezension Kathrin Nos
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Weitere Infos
Haupt-Unterschiede zur Ausgabe von db-Spiele: In der alten Ausgabe musste man die Einsatzplanung der eigenen Wikinger schriftlich festhalten. Dies wurde bei der Neu-Auflage praktischer gelöst. Jeder Spieler hat jetzt einen Sichtschirm und plant auf einem eigenen kleinen Tableau. Weiterhin wurde die Rundenzahl auf maximal 10 beschränkt. Zwei zufällig gezogene Nachschubkarten kommen aus dem Spiel. Je nach Prügellaune der Runde macht dies nicht viel aus. In vielen meiner Partien mit beiden Ausgaben endete das Spiel sowieso deutlich vor der 10. Runde mit der Fertigstellung einer Burg. Für eine sich hinziehende, kampflustige Runde mag die Verkürzung jedoch sinnvoll sein.