Spielziel
Auszug aus der Spielregel zu Chakra: "Kanalisiere deine Energie (Ommm), harmonisiere deine Chakren (Ommmmm) und erreiche die höchste Stufe der Erfüllung (Ommmmmmm)."
Wenn du mich kennst, wirst du jetzt ungläubig den Kopf schütteln und deinen Sinnen nicht trauen. Franky, der eher bodenständige, geerdete Franky, schreibt eine Rezension über ein so esoterisch angehauchtes Spiel? Es stimmt schon: Als ich die Schachtel zum ersten Mal in der Hand hielt, hab ich sie augenblicklich zurückgelegt. "Interessiert mich doch nicht, dieser blöde Kram mit Harmonie, Karma und Chakra!"
Aber irgendwie bin ich dann doch - überraschenderweise - zu einer Partie gekommen. Und, was soll ich dir sagen? Er hat mir gefallen, dieser blöde Kram, bei dem jeder Spieler versucht, 3 gleichfarbige Energien auf die entsprechenden Chakren zu legen.
Ablauf
Die Energien werden in Chakra durch Klunker in 8 verschiedenen Farben dargestellt, welche zu Beginn in einem Beutel landen. Aus diesem werden zufällig 9 Steine gezogen und in 3 Spalten zu je 3 Steinen auf eine allgemeine Auslage gelegt. Auf diese werden ebenfalls Punktemarker (in den Werten von 1 bis 4) verdeckt auf die Farbfelder platziert, welche so den Wert des farblich entsprechenden, "harmonisierten" Chakra bestimmen.
Jeder Spieler erhält sein persönliches Spielbrett mit den sieben farbigen Chakren, deren je 3 Felder anfangs noch leer sind, sowie 5 Aktionssteine. Außerdem zieht er einen zufälligen Farbmarker und darf sich den Wert des entsprechenden Punktemarkers geheim ansehen. Und dann kann es bereits losgehen!
Wer an der Reihe ist, hat die Wahl zwischen drei möglichen Aktionen. Mit der Aktion "Energie erhalten" nimmt er sich 1, 2 oder 3 Energien mit verschiedenen Farben von einer der 3 Spalten der allgemeinen Auslage. Enthält die gewählte Spalte mindestens eine negative schwarze Energie, muss diese zuerst genommen werden.
Alle genommenen Energiesteine müssen dann auf ein Feld gelegt werden. Entweder auf ein (noch nicht markiertes) Chakra, welches daraufhin in der entsprechenden Einkerbung mit einem Aktionsstein markiert wird, oder auf den Bereich ganz oben auf dem Spielertableau, über dem obersten Chakra. Danach wird die allgemeine Auslage wieder mit Energiesteinen aus dem Beutel aufgefüllt.
Die Aktion "Energie kanalisieren" erlaubt es dem Spieler, Energiesteine zu verschieben. Er legt einen Aktionsstein auf ein freies Aktionsfeld und führt anschließend die darauf angeführten Bewegungen durch, beispielsweise 1 Energiestein um 1 Feld, einen anderen um 2 Felder nach unten. Gelingt es, ein Chakra zu "harmonisieren", indem darin 3 Energiesteine in der Farbe des Chakra gesammelt wurden, gilt diese damit als fixiert, und der Spieler erhält den Aktionsstein in der Einkerbung des Chakra zurück.
Die auf den Aktionsfeldern platzierten Aktionssteine hingegen bekommt man erst wieder zurück, wenn man die dritte Aktionsmöglichkeit - das "Meditieren" - wählt. Gleichzeitig darf man sich einen beliebigen Punktemarker anschauen.
Schafft es ein Spieler, mindestens 5 Chakren zu harmonisieren, wird die Runde nur mehr zu Ende gespielt. Abschließend werden die Siegpunkte ermittelt. Jedes harmonisierte Chakra bringt so viele Punkte, wie der entsprechende Punktemarker angibt. Jede gelinderte negative Energie (so nennt man schwarze Energie, welche auf das unterste Feld verschoben werden konnte) ist noch 1 Punkt wert. Der Spieler mit der längsten ununterbrochenen Reihe an harmonisierten Chakren (beginnend mit dem roten Chakra) bekommt noch 2 Extrapunkte als "Harmonisierungsbonus". Wer insgesamt die höchste Punktezahl erreicht, gewinnt das Spiel.
Fazit
Wenn man das - für meinen Geschmack - bescheuerte Thema beiseitelässt, erkennt man ein "Set Collection Game", ein Spiel also, bei dem man Sets aus gleichen Gegenständen - hier "Energie" genannte Kristalle - sammelt, um zu gewinnen. Dies geschieht hier aber auf eine etwas andere, originelle Art und Weise.
Die Kristalle müssen nämlich nicht nur gesammelt, sondern auch auf ihren angestammten Platz, in das Feld der gleichen Farbe (Chakra) gebracht werden. Um dies zu bewerkstelligen, sollten möglichst wenige Spielzüge verbraucht werden. Chakra kann man somit als ein Wettrennen bezeichnen. Welche Kristalle man aufnimmt, wo man sie am besten platziert und wie man sie auf optimale Weise verschiebt, will also wohlgeplant sein.
Das Meditieren - so hilfreich diese Aktion auch sein mag, um die Werte der Punktemarker zu erfahren und sich zielbewusster auf höherwertige Chakren zu konzentrieren - stellt deswegen einen herben Zeitverlust dar. Dies lässt sich zwar nicht gänzlich vermeiden, dennoch sollte man versuchen, möglichst selten zu meditieren.
Dafür braucht es ein geschicktes Management der Aktionssteine. Jene auf Aktionsfeldern bekommt man nur durch Meditieren wieder retour. Einen Aktionsstein in einer Einkerbung bei einem Chakra kann man hingegen nur befreien, indem das entsprechende Chakra harmonisiert wird. Es empfiehlt sich daher, möglichst solche Chakren zu besetzen, für die man nicht allzu lange braucht, um sie zu vervollständigen. Aber auch die drei Felder über dem obersten, violetten Chakra sollte man öfters nutzen, denn für diese wird kein Aktionsstein benötigt.
Die schwarze Energie heißt nicht umsonst negative Energie, denn sie erweist sich als unangenehmer Störfaktor. Obwohl mit ihr kein einziges Chakra harmonisiert werden kann, muss sie bei der Aktion "Energie erhalten" stets bevorzugt genommen werden. Die einzige Art, diese lästigen Kristalle loszuwerden, besteht darin, sie ganz nach unten zu befördern. Dort wird sie dann "gelinderte, negative Energie" bezeichnet und bringt einen zusätzlichen Siegpunkt ein. Außerdem kann damit auch ein besonderes Aktionsfeld genutzt werden, welches gegen Abgabe einer gelinderten, negative Energie das Suchen nach einer bestimmten Farbe im Beutel gestattet.
Harmonisierung bringt einem nicht nur näher zum Spielziel, sondern wirkt sich auch positiv auf die weitere Entwicklung aus. Jedes harmonisierte Chakra darf nämlich bei der Bewegung von Kristallen übersprungen werden und zählt dabei nicht mal als Feld mit. Auf diese Weise kann man bessere, effektivere Spielzüge ausführen. Jedes volle, aber nicht harmonisierte Chakra blockiert hingegen sogar die Bewegung.
Die Partien gehen meist knapp aus. Sehr oft macht schlussendlich der bereits erwähnte Harmonisierungsbonus den Unterschied aus. Übrigens ist keine Regelung bei einem Gleichstand vorgesehen, kein Tiebreaker. Ich nehme an, die Macher haben dies als nicht so wichtig erachtet, schließlich ist ja der Weg das Ziel, oder so ähnlich. (Ommm)
Man muss aber nicht unbedingt ein Esoteriker sein, um Chakra zu mögen. In den meisten meiner Spielrunden kam das Spiel recht gut an. Vor allem Gelegenheitsspieler finden wegen der kurzen Spieldauer (ca. eine halbe Stunde) und der dennoch erstaunlichen taktischen Tiefe Gefallen daran. Und wer weitere taktische Finessen braucht, findet mit der kürzlich erschienenen Erweiterung "Yin & Yang" noch mehr Möglichkeiten vor. Daher von mir ganz klar: Daumen hoch!
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Weitere Infos
Apropos Chakra: Nachdem dieser Begriff in der Rezension 28 Mal (!!!) vorkommt, hier die Begriffserklärung (laut Wikipedia):
Mit Chakra, Plural Chakren, werden im tantrischen Hinduismus, im tantrisch-buddhistischen Vajrayana, im Yoga sowie in einigen esoterischen Lehren die angenommenen subtilen Energiezentren zwischen dem physischen Körper und dem feinstofflichen Körper (vgl. Astralleib) des Menschen bezeichnet. Diese seien durch Energiekanäle verbunden.