Spielziel
Die Spieler bemühen sich als Oberhäupter einflussreicher Familien in Florenz darum, das meiste Prestige zu erlangen, indem sie Künstler anwerben und in ihrem eigenen Stadtviertel, der Kathedrale oder in den wichtigsten Gebäuden die Erstellung von Arbeiten an Kunstwerken finanzieren. Dazu senden sie ihre Arbeiter aus, die ihnen Geld und Material einbringen oder sie spenden an die Kirche, um durch flammende Predigten von Geistlichen die Mithilfe weiterer Arbeiter zu bewirken. Es steht eine gewisse Auswahl von Geistlichen und Künstlern zur Verfügung, stets aber nur für eine individuelle Anzahl von Runden. Je nach ihren Talenten verlangen die später von den Spielern angeworbenen Personen unterschiedlich hohen Lohn, wenn man ihre Dienste nutzt. Daneben gibt es aber immer noch so genannte "namenlose" Geistliche und Künstler, die bereit sind, umsonst zu arbeiten. Mit ihnen kann man zwar kaum seinen Ruhm mehren, sie sind aber trotzdem sehr hilfreich.
Ablauf
Das Spiel geht über acht Runden zu je neun Phasen in fester Reihenfolge. Zunächst erhalten alle Spieler jede Runde ein Grundeinkommen von Geld, Materialien und arbeitswilligen Arbeitern. Bestimmte Gebäude im eigenen Viertel bringen weitere Einnahmen, sowie auch die bereits fertig gestellten Kunstwerke in den Florentiner Gebäuden und der Kathedrale. Die Inhaber der beiden zum Rundenende vergebenen Rollen des Hauptmannes und des Bischofs können ab der zweiten Runde etwas Einfluss geltend machen, bevor alle Spieler ihre Arbeiter aussenden. Dadurch positionieren sich die Spieler bei den fünf unterschiedlichen Aktionen, ggf. auch mehrmals. Die Arbeiter können sich auf fertiggestellte Gebäude - auch von anderen Spielern - stellen und dort Ressourcen erwirtschaften. Des Weiteren können sie den Bau eines neuen Gebäudes vorbereiten oder für ein noch anzufertigendes Kunstwerk einen Künstler anheuern. Dann wäre da noch der Markt, wo man einen Arbeiter hinschickt, der bei Marktöffnung Handel und Tausch treiben darf. Auch Geistliche sind gegen eine Spende behilflich, weitere Arbeiter aufzutreiben.
Nach der Einsetzphase darf man zunächst mal auf dem Markt noch Ressourcen tauschen, kaufen oder verkaufen. Danach werden die von den Arbeitern markierten Gebäude gebaut (Ressourcen sind zu zahlen) bzw. aktiviert (sie bringen nun Ressourcen ein). Mit den Erlösen aus aktivierten Gebäuden stehen dann auch wieder Mittel bereit, um nun Kunstwerke vollenden zu lassen. Neue Gebäude und Kunstwerke bringen mehr oder weniger reichlich weltlichen und kirchlichen Ruhm für die Spieler ein, abhängig vom Bauwerk und dem Status des jeweils dabei beschäftigten Künstlers. Hat man sich aber versehentlich zu viel vorgenommen und scheitert mit der geplanten Aktion, blamiert man sich in der feinen Gesellschaft, was etwas vom bisher erreichten Ruhm aufzehrt.
Nachdem alle Arbeiter ihr Tagewerk vollendet haben, übernimmt der Spieler mit dem meisten Ruhm die Rolle des Startspielers und Hauptmannes, der Spieler mit dem meisten kirchlichen Ruhm wird Bischof und Zweiter. Der Hauptmann hat Gelegenheit, seinen Ruhm von der Tabelle seines Ruhmes in Punkte-Zertifikate umzumünzen - er fällt auf der Tabelle sofort auf null zurück -, während der Bischof bisweilen etwas weltlichen Ruhm als Kardinal einheimsen kann. Alle anderen Spieler reihen sich in der Reihenfolge hinter diesen beiden ein. Am Ende einer Runde wandern alle Geistliche und Künstler (außer den namenlosen) eine Station in Florenz weiter, verkürzen also ihre Verweildauer in der Stadt. Dadurch erreichen immer wieder Personen die letzte Station und verlassen die Stadt. Ihnen folgen neue zufällig gezogene Geistliche und Künstler aus dem Nachschubbeutel, die nun zur Anwerbung zur Verfügung stehen. Eine neue Runde beginnt.
Zum Spielende zählt dann vor allem neben dem bisher erhaltenen Ruhm aus Zertifikaten der aktuelle Ruhm. Übriges Material und Geld bringt auch noch einige Punkte ein. Nicht genutzte Möglichkeiten, also leere Bauplätze im eigenen Viertel und unvollendete Kunstwerke im eigenen Palazzo sowie der eigenen Kirche kosten dagegen Ruhm. Es gewinnt der Spieler mit dem meisten Ruhm.
Fazit
24 Seiten Spielregel in einem Format von ca. DIN-A4*1,3 verlangen einiges Durchhaltevermögen. Allerdings belegt die eigentliche Spielregel nur sieben Seiten, den Rest beanspruchen umfangreiche Vorbereitungen, Übersichten und ausführliche historische Anmerkungen. Das ganze Heft zeigt eine große Liebe zum Detail und das Engagement des Autoren. Nicht oft hat mich die Spielregel eines komplexen Spieles - und dieses ist dazu übersetzt aus dem Italienischen - so uneingeschränkt überzeugt durch Präsentation, Vollständigkeit, Struktur, Professionalität, reichliche Beispiele und Ausführlichkeit. Trotz der vielen Einzelheiten kam es zu fast keinerlei Unklarheiten. Einzig auf Seite 14 der deutschen Regel hat sich ein Fehler eingeschlichen: Wenn man die Rolle des Hauptmannes und des Bischofs gleichzeitig innehat, darf man in Phase 5 (Markt) nicht zweimal am Markt agieren. Definitiv (so vom Autor bestätigt) kann jeder Spieler max. einen Arbeiter am Markt haben.
Die Ausstattung kann man als opulent bezeichnen. Mit seinem ungewöhnlichen Spielplan aus acht Einzelteilen, der großen Punktetabelle und den Spielertableaus sowie Karten- und Plättchenauslagen benötigt Florenza einen großen Spieltisch. Die Materialflut bei den Kleinteilen hält sich trotzdem noch in einigermaßen übersichtlichen Grenzen. Atmospärisch gut getroffen beinhalten die Spielpläne, Karten, Plättchen und Felder eine Vielfalt von Informationen, die leider nicht immer leicht von jedem Sitzplatz zu erkennen sind. Daher kann ich nur zu sehr guten Lichtverhältnissen beim Spielen raten und idealerweise einer Lupe. Die Abbildungen auf den Gebäudeplättchen und vor allem die Geldwertangaben auf Kunstwerkfeldern sind sehr klein gehalten. Erfreulicherweise erhalten alle Spieler recht gut aufgemachte Übersichtsblätter, die die Vielfalt der Gebäude und ihrer Kosten bzw. Nutzen abbilden. Nach Eingewöhnung durch die erste Partie kommt man mit den Elementen von Florenza im wesentlichen gut zurecht. Was man sich aber unbedingt als Spielhilfe erstellen sollte, ist eine Übersicht mit allen Gebäuden in den Zeilen und so vielen Spalten, wie jeder Gebäudetyp in Anzahl vorkommt. Für jedes Gebäude in Spielerbesitz könnte man darauf ein Klötzchen in Spielerfarbe setzen bzw. den Anfangsbuchstaben seines Namens eintragen. Das erspart dann die andernfalls aufkommenden Nachfragen bei/von den Mitspielern.
Im Folgenden schildere ich meinen Eindruck nach drei Partien zu viert in unterschiedlicher Besetzung, die mit je vier Stunden reiner Spielzeit sehr lange dauerten. Das ist aber für eine Runde mit Neulingen normal, da es bei Florenza vieles zu entdecken gibt und man sicher mehr als eine Partie braucht, um vorausschauend zu agieren und sich für eine mögliche Strategie in diesem Spiel zu entscheiden. Die Vielzahl an Gebäuden und Künstlern verlangt zunächst reichlich Zeit zum Kennenlernen ihrer Funktionen, Stärken und Schwächen. Mangels Phasenübersichten für alle Spieler kommt es leider mitunter zu Verwechslungen der Phasenreihenfolge mit dann unerwünschten Folgen. Dank der guten Regelstruktur und in sich stets schlüssigen - nicht überfrachteten Aktionen - ist mit Führung durch die Reihenfolge der Phasen seitens des Startspielers ein angenehmes Spielen möglich, d. h., ohne Regeldiskussionen und Nachlesepausen. Bei der ersten Partie wird man trotzdem nicht alles richtig machen, also nicht die optimalen Gebäude bauen und z. B. auch unnötig Geld für Geistliche ausgeben, deren Nutzen man ggf. nicht einsetzen kann. Oft wird man der Situation entsprechend zu bestimmten Gebäuden tendieren. Jede Partie kann daher völlig anders verlaufen. Es macht allemal viel Spaß, zu kombinieren, welches Gebäude ideal im eigenen Viertel wäre und wie schnell es Erträge bringen sollte. Schwierig erscheint es mir bisher noch, Wertvergleichsmaßstäbe für die diversen Gebäude zu entwicklen. Manches Mal muss man auch Pläne verwerfen, wenn ein Mitspieler einem ein bestimmtes Gebäude vor der Nase wegschnappt oder dieser Spieler einen Arbeiter fremd einsetzt und damit einem anderen Spieler eine lukrative Aktion zwangsweise abkauft. Jedes Gebäude liefert bei Aktivierung nur bestimmte Ressourcen.
Hohe und damit entscheidende Punkte kommen aus den Kunstwerken. Das Adrenalin steigt daher besonders an, wenn die besten Künstler ihre Dienste anbieten und man nicht aktuell Startspieler ist. Man hofft, dass die Mitspieler zunächst andere Aktionen wählen und man ihnen noch zuvorkommt. Nicht alle Künstler haben immer die für ein Kunstwerk geforderte Fähigkeit und daher entbrennt auch um den geeigneten Künstler ein Wettlauf. Spannend und mit gewissem akzeptablem Glücksanteil läuft die Ruhmespunktvergabe für ein fertiges Kunstwerk ab. Neben dem festen Ruhm für das Kunstwerk wird ein variabler Ruhmeswert ausgewürfelt, abhängig vom Ansehen des Künstlers. Man sollte sich aber nichts vornehmen, was man nicht bezahlen kann, denn sonst verliert man Zeit und Ruhm. So richtig zu kurz muss dennoch keiner kommen, da als Notlösung immer noch namenlose Künstler bereitstehen, die im Extremfall einen Punkt bringen oder kosten können. Auf jeden Fall hat man mit Ihnen ein weiteres Kunstwerk zur Vollendung gebracht.
Bei allen Aktivitäten sollten über die Runden verschiedene Bereiche angegangen werden, also das eigene Viertel mit Gebäuden und Kunstwerken und zwecks höheren Ruhmes die Kathedrale und die Florentiner Gebäude. Die beiden letztgenannten Bereiche bringen Runde für Runde Zusatzprofit, wenn dort Kunstwerke erschaffen wurden. Ungewöhnlich wurde der Startspielerwechsel gelöst, der jeweils zum Rundenende an den Spieler mit dem meisten Ruhm geht. Dieser Ruhm wird dann sofort in Ruhmespunkte-Zertifikaten ausgezahlt und auf der Tabelle auf "null" gesetzt, womit dieser Spieler so bald nicht wieder Startspieler sein kann. Ähnlich wird mit den kirchlichen Ruhmespunkten verfahren.
Trotz besagter Spieldauer habe ich mich keinen Moment gelangweilt. Es gab ständig etwas zu planen oder abzuhandeln. Die nächsten Partien mit bereits in Florenza erprobten Spielern werden Dank der gewonnenen Erfahrungen nun eher bei 2 bis 2,5 Stunden liegen, was bei einem Spiel dieses Anspruches in Ordnung ist. Florenza hat mich auf ganzer Linie begeistert und wird bei der weiteren Auslotung der vielfältigen Möglichkeiten noch lange Zeit für Abwechslung sorgen.
Rezension Roland Winner
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.