Spielziel
Die Ostsee im 14. Jahrhundert. Zwei bis vier Handelsleute ringen die Vorherrschaft in neun bedeutenden Hansestädten dieser Region. Dazu durchqueren sie mit einem gemeinsamen Handelsschiff das Meer, um Handelsniederlassungen zu gründen und unterschiedliche Waren günstig ein- sowie teuer wieder zu verkaufen. Wer am Schluss des Spiels die meisten Niederlassungen gegründet hat und den größten Profit aus seinem Warenhandel gezogen hat, gewinnt dieses taktische Handelsspiel.
Ablauf
Inhalt:
Im typisch flachen Abacus-Karton stecken insgesamt 100 stabile Papp-Plättchen (Warenmarken und Taler), 60 hölzerne Holzscheiben (Marktstände) in vier Farben, ein Handelsschiff und vier Geldsäcke in den Spielerfarben, auf denen das erhaltene Geld abgelegt wird. Nicht zu vergessen ist der in gelb-grün gehaltene Spielplan, der den Ostseeraum in einer mittelalterlichen Motivgebung zeigt.
Ablauf:
Zu Beginn des Spiels erhält jeder Spieler alle Warensteine und den Geldbeutel seiner Farbe mitsamt seinem Startkapital von 3 Talern. Danach werden alle Lagerhäuser auf dem Spielplan mit einer Warenmarke belegt. Die restlichen Marken kommen in fünf Stapeln auf die vorgesehenen Felder des Planes. Bei weniger als vier Mitspielern werden vorher noch die Warenmarken von einer bzw. zwei Farben aussortiert.
In der Startphase dürfen reihum alle Spieler je 3 mal 2 Marktstände (=Handelsniederlassungen) in eine von acht Städten platzieren, während das Handelsschiff in der neunten Stadt Kopenhagen startet. Dann beginnt das eigentliche Spiel mit dem ersten Zug des Startspielers.
Solch ein Zug besteht aus vier Phasen:
In der ersten Phase erhält man 3 Taler Grundeinkommen.
In der zweiten Phase kann man sich dazu entscheiden, alle Lagerhäuser aufzufüllen. Das hat den unschätzbaren Vorteil, bei seiner Routenplanung ausschließlich auf gefüllte Lagerhäuser zu treffen. Leider kostet das Auffüllen einen Taler und die nachfolgenden Spieler haben ebenfalls noch einen fast vollen Spielplan vor sich liegen, man muss nämlich immer alle Häuser füllen.
Die dritte Phase ist dann das „Herzstück“ des Spiels. Hier darf der am Zug befindliche Spieler aus verschiedenen Aktionen wählen. Da er aber je Stadt nur maximal eine Aktion ausführen darf, kommt dem gesetzten Kurs des Handelsschiffes eine große Bedeutung zu. Auf dem Plan befinden sich Pfeile als Verbindungen zwischen den einzelnen Städten. Das Schiff darf nur in den vorgegebenen Richtungen entlang dieser Pfeile bewegt werden, so dass man für die gewünschte Ware zum Teil längere Wege in Kauf nehmen muss - wenn denn das Geld reicht, denn jede Fahrt zwischen zwei Städten kostet einen Taler.
Wenn sich der Spieler dann mit dem Handelsschiff in einer Stadt befindet, stehen ihm folgende Aktionen zur Verfügung: Waren einkaufen, Marktstände errichten oder Waren verkaufen.
a) Waren einkaufen: Dazu zahlt er einen Taler und nimmt sich genau eine Warenmarke, die er offen vor sich ablegt. Wenn sich kein Marktstand in der Stadt befindet, kommt der Taler in die Bank. Genauso läuft es, wenn zwei oder mehr Spieler die Mehrheit an Ständen besitzen. Hat nur ein Spieler die Mehrheit, bekommt dieser den Taler. Hat man aber selbst allein die meisten Stände, kann man sich eine Warenmarke kostenfrei nehmen.
b) Marktstände errichten: Um neue Marktstände auf den Plan zu bekommen, muss der Spieler eine offen vor sich ausliegende Warenmarke abwerfen. Er darf dann so viele Marktstände (= Holzscheiben) in der Stadt platzieren, wie sich Fässer auf dieser Warenmarke befunden haben.
c) Waren verkaufen: Wenn der Spieler mindestens zwei gleichfarbige Waren offen vor sich liegen hat, kann er diese „verkaufen“, indem er auf die Rückseite dreht und so zu Siegpunkten macht. Dies geht aber nur dann, wenn er sich mit dem Handelsschiff in einer Stadt befindet, in der mindestens ein eigener Marktstand steht. Wenn er in der glücklichen Lage ist, in mehreren Farben zwei oder mehr Warenmarken zu besitzen, so kann er sie alle gemeinsam verkaufen. Im Anschluss daran nimmt er einen seiner Marktstände wieder zu sich, baut ihn also ab. Zusätzlich müssen alle anderen Spieler jetzt sofort eine evtl. offen vor sich liegende Warenmarke jeder verkauften Farbe abwerfen. Da er am Ende seines Zuges nur maximal drei offene Warenmarken lagern darf, wird er immer wieder „gezwungen“ sein, Warenmarken zu verkaufen, ohne größere Vorräte anzulegen.
Jede offen liegende Warenmarke zählt bei der Endabrechnung einen Punkt. Jede verkaufte, also verdeckte Marke bringt zusätzlich zu diesem Punkt auch je einen für jedes der aufgedruckten Fässer.
Die vierte Phase nennt sich „Steuern und Zölle“, ist im Prinzip die Kontrolle, dass man nicht mehr als drei Taler und drei offene Warenmarken aufbewahrt.
Dann beginnt der nächste Spieler mit seinem Zug.
Wenn der letzte der fünf Warenmarkenstapel beim Auffüllen in Phase 2 angebrochen wird, geht das Spiel in seine Schlussphase. Die laufende Runde wird noch zuende gespielt, so dass jeder Spieler gleichhäufig an der Reihe war. Im Anschluss werden die Siegpunkte berechnet: Für jede Warenmarke gibt es einen Punkt, zusätzlich für jede verdeckte Marke pro Fass einen weiteren Punkt. Zuletzt bekommt man für jede Stadt, in der man sich noch mit mindestens einem Marktstand befindet, zwei Punkte. Ist man in dieser Stadt ganz alleine, gibt es sogar vier Punkte. Wer jetzt die meisten Punkte aufweisen kann, gewinnt.
Fazit
Das Material ist ansprechend, aber „bemüht übersichtlich“, was nichts anderes heißen soll, als dass mehr als zehn Farben und Farbtöne gesucht wurden, um sowohl die verschiedenen Warenmarken als auch die Spielerfarben voneinander und vom restlichen Spielmaterial abzuheben. Und trotzdem finde ich Holzscheiben in grau und weiß (zudem noch bei einem weißen Schiff) nicht so gelungen. Dafür gibt es dann wieder die Warenmarken in rosa, orange und rot. Aber das sollen nur „Sommersprossen“ sein. Insgesamt ist das Material gelungen und funktionell und sehr passend zu Thema und Stil des ganzen Spiels. Das alles passt gut in die Schachtel und zeigt anderen Verlagen, dass der Karton nicht unbedingt eine Tiefe von 8 bis 12 Zentimeter haben muss, um ein „ausgewachsenes“ Brettspiel zu beinhalten.
Die Regel ist vorbildlich: Kurz, mit Beispielen illustriert, dabei sofort eingängig und übersichtlich gegliedert. Zudem ist sie für den internationalen Markt gleich noch in Deutsch und Englisch abgedruckt. Da gibt es für mich nix zu meckern. Dass wir das erste Spiel mit 1-2 Regelfehlern gespielt haben, lag mehr an unserer Ungeduld als an der schriftlichen Vorlage.
Das Spiel ist ein Zugoptimierungsspiel der besten Art. Es lässt sich zügig spielen, vorzugsweise zu viert. Man kann aber auch doppelt so lange dran sitzen, wenn die „Richtigen“, also die Grübler, mit am Tisch sitzen. Dann wird es ab und zu doch langwierig und langweilig, denn eine Vorausplanung zwischen den einzelnen Zügen ist nur sehr eingeschränkt möglich. Man weiß nicht, wo der bzw. die vor einem sitzenden Spieler das gemeinsame Schiff abstellen. Das verführt einen immer ein wenig dazu, auch bei den Zügen der Mitspieler „mitzufahren“ und mehr oder weniger gute Tipps abzugeben.
Das Spiel ist aus den gerade geschilderten Gründen nicht bei allen gut weggekommen. Die Mehrzahl hat aber den Daumen nach oben gestreckt. Das liegt an der trotz allem angenehmen Spieldauer, an den Knobeleien der Schiffsroutenplanung und an der „psychologischen Kriegsführung“, seine Mitspieler mit tollen Tipps in eine auch für einen selbst günstige Position zu bringen. Ein entscheidendes Element ist das Auffüllen der Warenlager. Komme ich mit einem sinnvollen Zug noch einmal drum herum? Macht das überhaupt Sinn, oder sollte ich den Vorteil der vollen Häuser nutzen? Habe ich das Geld dafür? Und wo sind eigentlich schon wieder meine Marktstände, wenn man sie einmal braucht? Material, Preis, Spielreiz sind absolut in Ordnung. Nur mit ein bis zwei Langzeit-Grüblern möchte ich Hansa nicht spielen.
Rezension Ulrich Fonrobert
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.