Spielziel
Schon in der Renaissance waren freistehende Einfamilienpaläste unbezahlbar. Deswegen versuchten Architekten ihr Glück im Bau von Reihenpalästen. Doch hoch angesehen wurden nur solche, die ihr knappes Kapital geschickt anlegten und sonnendurchflutete Hochpaläste mit einer einheitlichen Fassade bauen konnten.
Ablauf
Zwei bis vier Spieler versuchen als Bauherren im Florenz der Renaissance attraktive Paläste zu errichten. Doch dafür wird Geld mehrerer Währungen benötigt, um Material aus verschiedenen Baustoffen zu erwerben. Im Angebot befinden sich vorgefertigte Etagen aus Sandstein, Ziegel oder Marmor, die mit bis zu drei Fenstern und Türen ausgestattet sind und sogar schon einem Stockwerk zugeordnet wurden. Beim Bau gilt es die Bauvorschriften und Wertvorstellungen von Florenz zu berücksichtigen: Mit neu erworbenen Stockwerken kann man entweder neue Paläste errichten oder existierende aufstocken. Jedoch dürfen Etagen in einem Palazzo nicht doppelt vorkommen und es darf auch kein niedrigeres Stockwerk auf ein höheres gebaut werden. Paläste ohne Türen oder Dächer sind aber durchaus erlaubt. Auch dürfen Stockwerke ausgelassen werden.
Anerkennung in Form von Siegpunkten gibt es aber nur für Paläste mit mindestens drei Etagen. Der Wert eines Palazzos ergibt sich dann einfach aus der Anzahl der enthaltenen Fenster und Türen. Weithin sichtbare Paläste mit vier oder fünf Stockwerken werden mit Extrasiegpunkten prämiert. Auch besonders prunkvolle Paläste, für deren Errichtung nur eine Steinsorte verwendet wurde, erhalten Sondersiegpunkte. Nur Bungalows sind zu Spielende in Florenz nicht gern gesehen und werden mit 5 Minuspunkte bestraft.
Doch auch schon beim Erwerb der Materialien gilt es florentinische Besonderheiten zu beachten. Einserseits kann sich ein Bauherr ins Lager begeben, um bis zu zwei Bauteile einzukaufen. Als Grundpreis werden 10 Geldeinheiten pro Bauteil verlangt, jedoch senkt jedes momentan im Angebot vorhandende Bauteil den Preis um eins. Andererseits können aber auch beim Baumeister Bauteile ersteigert werden. Dieser befindet sich immer in einem von vier um das Lager liegenden Steinbrüchen und bietet bis zu drei Stockwerke im Paket an.
Geboten und bezahlt wird mit Geldkarten der Werte 3 bis 7. Diese müssen alle die gleiche Währung (Farbe) besitzen. Drei gleichwertige Karten aus allen drei Währungen gelten als Joker und zählen immer 15. Auch darf man zusätzlich mit Zertifikaten bezahlen, die ebenfalls als Joker gelten. Ein Zertifikat hat den Wert zwei, zwei zählen vier, aber drei gelten wieder als Drilling und zählen somit 15.
Reihum hat jeder Bauherr eine von drei Aktionsmöglichkeiten:
Er kann neues Geld drucken, dieses für Baumaterial ausgeben, um Paläste zu bauen, oder er kann seine Siedlung durch Umbau verschönern. An Geld kommt man dabei sehr einfach: Es wird ausgegeben, indem man Geldkarten von einem Stapel aufdeckt und zwei davon auf die Hand nimmt. Die Mitspieler dürfen sich danach reihum je eine der verbleibenden Geldkarten nehmen.
Wer Baumaterial kaufen will, zieht zunächst zwei verdeckte Bauteile und legt das erste offen ins Lager und das zweite in einen der vier Steinbrüche. Die Anzahl der Fenster des Bauteils bestimmt dabei den Steinbruch. Dann kauft man entweder im Lager ein, oder versteigert die Bauteile aus einem Steinbruch. In diesem Fall wird der Baumeister auf den nächsten Steinbruch gezogen, auf dem Materialien bereitliegen. Finden sich dort ein bis drei Etagen, so wird reihum um diese geboten. Der aktive Spieler erhält dabei einen Bonuszertifikat im Wert von drei. Überfüllte Steinbrüche mit mehr als drei Bauteilen werden geräumt, indem sich jeder ein Bauteil aussuchen darf, während die verbleibenden aus dem Spiel genommen werden. Wer neue Bauteile hat muss sie sofort verwenden, um neue Paläste zu bauen oder eigene aufzustocken. Man darf sie aber auch verschrotten und aus dem Spiel nehmen.
Die dritte Aktionsmöglichkeit ist der Umbau. Hierbei darf man eigene Bungalowpaläste entweder verschrotten oder als Stockwerk in einen Palast beliebig einschieben. Umgekehrt darf man auch ein beliebiges Bauteil aus einem eigenen Palast entfernen und zunächst als Bungalow ablegen.
Die Baumaterialien sind in drei Stapel aufgeteilt. Im dritten Stapel befinden sich fünf Spielende-Plättchen. Sobald das letzte von ihnen aufgedeckt wird, endet das Spiel sofort. Nun werden die Paläste gewertet, und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.
Fazit
Bei Palazzo handelt es sich um ein lockeres, einfaches Spiel, das sich flott spielen lässt. Das Thema "Häuserbau in der Renaissance" wird durch den Spielverlauf ansprechend umgesetzt. Dazu passt auch das hübsch und übersichtlich gestaltete Spielmaterial. Schon nach wenigen Minuten Regelerläuterung kann man losspielen und bereits in der ersten Partie lassen sich Nutzen und Auswirkungen der eigenen Aktionsmöglichkeiten gut überblicken. Einzig die Zählung der Sonderpunkte zu Spielende bedarf genauerer Erläuterung. Dafür gibt es aber Spielübersichten mit sinnvollen Beispielen.
Palazzo ist kein sehr anspruchsvolles oder komplexes Spiel, auch ist es nicht sonderlich originell. Die Mischung aus Versteigerungs- und Bauelementen macht aber Spaß und bietet spielerische Herausforderungen. Unsere Testpartien waren nie langweilig und verliefen stets unterschiedlich: Manchmal horteten die Spieler Geldmassen und ruinierten sich im nächsten Moment wieder durch irrsinnige Gebote. In anderen Spielen wurde dieser Konflikt meist vermieden und vorzugsweise am Bauplatz eingekauft. Um bei Palazzo erfolgreich zu sein, muss man sich eben sowohl auf die Angebotssituation als auch auf das Verhalten und die Taktik der Mitspieler flexibel einstellen.
Die einfachen Regeln erlauben auch Gelegenheitsspielern das Spiel auszuloten. Gerade bei Versteigerungsspielen haben Anfänger häufig den Nachteil, dass sie in der ersten Partie den Wert des Angebots nicht einschätzen können. Dieses Problem ist bei Palazzo elegant gelöst, denn die Festpreise im Lagerverkauf bieten von Anfang an einen Anhaltspunkt, wie hoch sinnvolle Gebote beim Baumeister sein sollten. Palazzo ist dennoch kein reines Versteigerungsspiel, denn es verzahnt geschickt Bau- und Versteigerungselemente, bei denen möglichst lukrative Palazzi mit dem geringst möglichen Kapitaleinsatz verwirklicht werden müssen. Gelegentlich ist der Erwerb eines Bauteils aber schon deshalb notwendig, damit die Schlösser der Mitspieler nicht zu gleichmäßig in die Wolken wachsen.
Palazzo kann mit zwei bis vier Personen gespielt werden. Das Spiel wird nicht nur durch Versteigerungen getragen und funktioniert daher auch wirklich gut zu zweit. Reizvoller und konfliktträchtiger ist es aber in einer größeren Runde. Der leichte Einstieg sowie der Verzicht auf überflüssigen Ballast und Komplexität sind die deutlichsten Vorteile von Palazzo. Doch gerade diese können von Vielspielern auch als Nachteil empfunden werden. Da das Spiel keine innovativen oder originellen Mechanismen enthält, erscheint es etwas seicht und einfach durchschaubar.
Palazzo bietet von allem etwas, zwar etwas Gutes aber auch nicht mehr. Das Ergebnis kann als ein gelungener Mittelweg zwischen Anspruch und Leichtigkeit aber eben auch als langweiliges Mittelmass bewertet werden. Mir gefällt es!
Rezension Peter Nos
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.