Spielziel
Im alten Mesopotamien haben sich mehrere Eingeborenenstämme angesiedelt. Jeder Spieler führt einen dieser Stämme, den er durch Entdecken neuen Landes und den Bau von Hütten weiterentwickelt. Durch Mithilfe am Tempelbau und Errichtung von Kultplätzen verdient sich der Stamm das notwendige Mana, um seine vier Opfergaben als erstes zum Tempel zu bringen und so die Gunst der Götter zu erringen und zu gewinnen
Ablauf
Aus sieben Landschaftsfeldern wird die Startaufstellung aufgebaut, auf der der zentrale Tempel, für jeden Spieler eine Hütte und drei Eingeborene sowie einige Steine und Hölzer platziert werden. Von diesen Hütten aus werden die Eingeborenen das Land erkunden und mit den eingesammelten Rohstoffen z.B. Hütten bauen oder „Manapunkte“ sammeln.
Reihum führt jeder Spieler seinen Spielzug aus, der aus folgenden Elementen besteht:
- Bis zu fünf Bewegungspunkte auf seine Eingeborenen aufteilen.
- Eine Aktion ausführen
- evtl. auf Kultplätzen Manapunkte erhalten
Bewegung durchführen:
Mit den Bewegungspunkten bewegen sich die Eingeborenen über die Felder. Während der Bewegung können...
- Gegenstände (Hölzer, Steine, Opfer-Marker) beliebig aufgenommen und abgelegt werden, wobei allerdings immer nur ein Gegenstand gleichzeitig getragen werden kann. Es dürfen auch von anderen Eingeborenen getragene Gegenstände „entwendet“ werden, wenn der eigene Stamm auf dem Feld in der Mehrheit ist.
- neue Landschaftsfelder entdeckt werden, indem ein Feld neben der bisher entdeckten Landschaft betreten wird. Es gibt vier verschiedene Landschaftsarten mit unterschiedlichen Bedeutungen, z.B. kommen bei neu entdeckten „Wäldern“ und „Steinbrüchen“ weitere Rohstoffe ins Spiel, „Ebenen“ werden als Bauplätze benötigt
- Steine zum Tempel gebracht werden. Dafür gibt es als Lohn einen Manapunkt je Stein.
- Opfer-Marker zum Tempel gebracht und dort abgegeben werden. Diese müssen mit Manapunkten bezahlt werden.
Aktion ausführen:
Zur Ausführung der Aktion stehen folgende Optionen zur Wahl. Wenn die Voraussetzungen zur Durchführung ein- und derselben Aktion auf mehreren Feldern gegeben sind, darf diese Aktion mehrfach ausgeführt werden.
· Nachkommen erzeugen: auf allen Ebenenfeldern, auf denen der Spieler eine Hütte und zwei Eingeborene hat und auf denen kein Opfer-Marker liegt, kommt ein weiterer Eingeborener ins Spiel.
· Hütten bauen: auf allen Ebenenfeldern, auf denen der Spieler zwei Eingeborene und ein Holz hat, wird eine Hütte errichtet. Unter die Hütte wird ein Opfer-Marker gelegt.
· Kultplätze errichten: auf allen Ebenenfeldern, auf denen der Spieler zwei Eingeborene und einen Stein hat, wird ein Kultplatz errichtet.
· Aktionskarte ziehen: kann ab der nächsten Runde eingesetzt werden.
Mana erhalten:
Für jeden eigenen Kultplatz, an dem mindestens ein Eingeborener steht oder für jeden fremden Kultplatz, an dem mindestens zwei eigene Eingeborene stehen, erhält der Spieler einen Manapunkt.
Spielende:
Wer zuerst seine vier Opfer-Marker zum Tempel bringt, gewinnt das Spiel.
Fazit
Mesopotamien ist ein echter Hingucker; das beginnt bei dem stimmungsvoll gestalteten Cover und geht weiter beim sehr schönen Material. Die "Hölzer" und "Steine" sind wirklich aus Holz bzw. Stein und der Transport dieser Elemente auf den "Köpfen" der Figuren verdeutlicht intuitiv die Regel, dass man nur einen Gegenstand tragen kann. Auch die „sechseckigen“ Landschaftsfelder sind sehr aufwändig hergestellt: sie haben an ihren Rändern Verzahnungen, wodurch das komplette Spielfeld gut verschoben werden kann, wenn es sich zu sehr zu einer Tischseite hin entwickelt.
Auch die Spielregel selbst ist gut verständlich, beantwortet alle Regelfragen und ist weitgehend übersichtlich aufgebaut. Vielleicht ist sie an einigen Stellen sogar zu ausführlich geraten, denn so umfangreich, wie es die fünf Seiten beim Lesen vermitteln, ist das Spiel nicht.
Die Spielhilfe ist vorbildlich: optisch ansprechend und einfallsreich gestaltet erkennt man auf der einen Seite auf einen Blick die (je nach Spielerzahl) unterschiedlichen Startaufstellungen, auf der anderen Seite ist der Spielablauf sehr übersichtlich schematisch dargestellt. Anhand dieser Spielübersicht lässt sich das Spiel sehr gut erklären.
Das Spiel selbst ist vom Anspruch her eher durchschnittlich, darauf deutet auch die relativ kurze Spieldauer von einer knappen Stunde hin.
Aber es ist seltsam: Optik und Materialvielfalt könnten zunächst den Eindruck vermitteln, es handele sich um ein komplexeres strategisches Spiel. Deswegen sind auch die, die von diesem Spiel ein anspruchsvolleres Strategiespiel erwarten, vielleicht etwas enttäuscht. Denn mit langfristigen Strategien ist hier nicht viel zu machen. Vielmehr geht es darum, aus der jeweiligen Situation, d.h. der Lage der entdeckten Rohstoffe und den gezogenen Aktionskarten das Beste zu machen. Für Hardcore-Strategen ist das Spiel also weniger geeignet, aber seicht ist es keinesfalls.
Vier Hütten und ein oder zwei Kultplätze bauen, ein paar Steine und die Opfer-Marker zum Tempel bringen und zwischendurch ein paar Nachkommen zeugen: das hört sich einfach an - und ist es letztendlich auch. Es sind die taktischen Feinheiten, die das Spiel interessant machen: die nicht vordergründige, aber wichtigen Interaktionsmöglichkeiten, z.B. beim Diebstahl von Hölzern und Steinen oder beim Wettlauf um die besten Bauplätze.
Das Spiel ist so austariert, dass meist alle Spieler in etwa gleich schnell ihre Opfer-Marker abliefern können. Ein wichtiger Schlüssel zum Gewinn ist es daher, sein Spiel auf „Doppelaktionen“ auszurichten, also z.B. zwei Hütten gleichzeitig zu bauen. Dieser Zeitgewinn ist oft entscheidend.
Einem Startspielervorteil wurde erfolgreich dadurch entgegengewirkt, dass die Anzahl der Bewegungspunkte in der ersten Runde erst nach und nach auf das Maximum von fünf ansteigen.
Ingesamt also ein gelungenes, atmosphärisch dichtes Spiel von "Mr. Carcassonne" Klaus-Jürgen Wrede. Einziger Wermutstropfen ist der relativ hohe Preis, der zwar aufgrund der feinen Austattung durchaus gerechtfertigt ist, jedoch den ein oder anderen potentiellen Käufer verschrecken könnte.
Mesopotamien funktioniert dabei mit allen angegebenen Teilnehmerzahlen. Bei zwei Spielern ist das Spiel planbarer, bei drei und vier Personen ist mehr Action auf dem Spielfeld.
Rezension Ralph Bruhn
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Regelvarianten
Mit folgenden (vom Autor ursprünglich vorgesehenen) Regeln wird Mesopotamien etwas interaktiver:
- Auf dem Tempelfeld darf kein Eingeborener stehen bleiben. Dadurch wird es etwas schwieriger, die Steine abzuliefern, was wiederum zu häufigerem Steineklau führt.
- Opferplättchen dürfen (entgegen der Spielregel) ebenfalls abgelegt werden. Damit können Felder zum Zeugen von Nachkommen blockiert werden.
- Es dürfen keine Nachkommen gezeugt werden, wenn sich Opfer-Marker auf dem Feld befinden - auch nicht, wenn sie (entgegen der Spielregel) getragen werden! Das bedeutet dann z.B. auch, dass ein Opfer-Marker nach dem Bau einer Hütte erst wegtransportiert und abgelegt werden muss, bevor sich der Eingeborene um Fortpflanzung in der neu gebauten Hütte kümmern kann.
- Der Bau von Kultplätzen ist (entgegen der Spielregel) auch zulässig, wenn sich Gegenstände oder fremde Eingeborene auf dem Feld befinden. Nur Hütten und Kultplätze auf einem Ebenenfeld schließen sich weiterhin aus.