Rezension/Kritik - Online seit 18.08.2017. Dieser Artikel wurde 14052 mal aufgerufen.
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Auf die Räder, fertig los! Flamme Rouge ist ein klassisches Radrennspiel, wobei jeder Spieler ein Team aus zwei Fahrern steuert. Wer als Erster über die Ziellinie fährt, gewinnt die Etappe.
Zunächst entscheiden sich die Spieler für ein Streckenprofil - sechs sind als Vorschläge vorgegeben - und bauen dieses aus den beidseitig bedruckten Streckenteilen auf. Die Startpositionen werden ausgesucht, jeder Spieler bekommt ein Tableau und zwei Kartendecks (für jeden seiner beiden Fahrer eines) - und dann kann es auch schon losgehen.
Simultan ziehen die Spieler von einem der Fahrerstapel vier Karten, wählen davon eine für diese Runde aus und legen sie zunächst verdeckt ab. Anschließend wiederholen sie dies für den zweiten Fahrer. Wenn allle fertig sind, wird aufgedeckt, und die Radler werden von vorne nach hinten entsprechend dem Wert der Karte vorbewegt. Die benutzten Karten kommen zur Seite (sind aus dem Spiel), die nicht gewählten kommen verkehrt herum unter den Stapel (und somit irgendwann später wieder auf der Auswahlhand, wobei neu gemischt wird, wenn der Stapel durchgespielt wurde).
Nach der eigentlichen Bewegung kommt der besondere Teil von Flamme Rouge: Kleine Lücken (genau 1 Feld dazwischen frei, die Spur spielt dabei keine Rolle) im Peloton werden automatisch zugefahren, also rücken die Fahrer automatisch im Windschatten bis zum Vordermann auf. Auf diese Weise kann man sich "geschenkte" Zusatzbewegungen ergattern. Da von hinten nach vorne durchgegangen wird, kann es auch zu Kettenreaktionen kommen. Entsteht jedoch eine Lücke von zwei oder mehr Feldern, kann der Windschatten nicht mehr genutzt werden.
Nun werden alle Fahrer, die an der Spitze einer Gruppe fahren, noch mit einer Erschöpfungskarte bestraft, die unter den Stapel gesteckt wird. Diese hat nur den Wert 2. Die normalen Fahrerkarten haben höhere Werte, wobei die Fahrer sich dabei unterschieden: Jeder besitzt einen Rouleur mit Werten von 3 bis 7 und einen Sprinter mit den Werten 2 bis 5 sowie 9.
So wird Runde um Runde gefahren, bis der Erste die Ziellinie überfährt. Die Runde wird dann noch zu Ende gespielt, wer dann am weitesten vorne steht, gewinnt das Rennen. Zwischendurch sorgen je nach Streckenprofil noch Berge und Abfahrten für Abwechslung. An den Anstiegen gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 5 und der Windschatten-Effekt ist ausgesetzt, auf den Abfahrten werden kleine Karten auf den Wert 5 aufgewertet.
Die Aufmachung von Flamme Rouge ist sehr ansprechend. Das Spielmaterial ist schön und stimmungsvoll gestaltet, u. a. durch die Spielertableaus und die Miniatur-Fahrer. Die beiden Figuren eines Teams sind allerdings etwas mühsam zu unterschieden (durch die unterschiedlichen Sitzpositionen und einen kaum sichtbaren eingestanzten Buchstaben auf dem Rücken).
Das Grundprinzip - die Spieler spielen Karten mit Zahlenwerten aus, um damit ihre Figuren fortzubewegen - ist altbekannt und eigentlich etwas aus der Mode gekommen. Flamme Rouge schafft es aber, diese klassische Rennspielmechanik zu modernisieren und ihr etwas frischen Wind einzuhauchen.
Durch die simultane Kartenauswahl wird das Einschätzen der Mitspieler notwendig, sodass das Spiel eine hohe Interaktion besitzt und zugleich Spannung erzeugt, wenn es ans Aufdecken der Karten geht. Hat man es geschafft, sich so zu positionieren, dass man vom Windschatten profitieren kann? War man zu schnell und ist versehentlich an der Spitze des Pelotons gelandet? Oder zu langsam und ist nun abgehängt? Zugleich entstehen dadurch kaum Wartezeiten, und das Spiel geht zügig voran.
Vor allem auch deshalb, weil beim Ziehen der Figuren keine Entscheidungen mehr zu treffen sind (es gibt z. B. keine Unterschiede zwischen Innen- und Außenkurven). Somit ist die Setzphase im Grunde nur Verwaltung, was aber nicht schlimm ist, da es flott geht und zudem mit Spannung verfolgt wird. Natürlich kann man die fehlenden Entscheidungsmöglichkeiten auch kritisch sehen, in der Tat ist Flamme Rouge eben doch ein einfaches Spiel mit begrenzter (aber der Spieldauer und Komplexität angemessener) strategischer und taktischer Tiefe.
Entscheidend ist neben dem Einschätzen der Mitspieler auch die Wahl des richtigen Zeitpunktes, um die Fahrweise zu wechseln. Zu Beginn will man möglichst oft vom Windschatten profitieren - was im hinteren Teil des Feldes am besten gelingt - und Führungspositionen vermeiden. Tummelt man sich zu lange am Ende des Feldes, kann es sein, dass man die Spitze nicht mehr einholt. Wer vorne fährt, muss einschätzen, ob es schon Sinn macht, zum Spurt anzusetzen, oder ob man auf den letzten Metern "verhungern" würde. Insofern spiegelt das Spiel die Taktik eines Radrennens gut wieder.
Schön ist auch, dass man zwei unterschiedliche Fahrer hat, für die sich andere Strategien anbieten. Der Sprinter hat insgesamt weniger Punkte auf der Hand (und ist somit auf häufiges Windschattenfahren angewiesen), hat dafür aber die extrem hohen Werte für den Schlussprint. Der Rouleur ist besser geeignet um frühzeitig von der Spitze an ein hohes Tempo zu fahren. Zugleich kann es auch sinnvoll sein, seine beiden Fahrer nah beieinander zu halten, um Windschattengelegenheiten zu schaffen.
Sind Berge im Spiel, müssen diese mit einkalkuliert werden, da die Aufhol- und Überholmöglichkeiten an diesen begrenzt sind. Der Bergeffekt scheint mir leider nicht optimal gestaltet. Die Gechwindigkeitsdeckelung sorgt meist dafür, dass an den Anstiegen alle im Gleichschritt hintereinander herfahren und kaum die Möglichkeit besteht, andere abzuhängen oder von hinten aufzuholen. Da auch kein Windschattenfahren möglich ist, verlaufen die Berganstiege meist eher ereignisarm, außer dass eventuell der ein oder andere zurückfällt. Anderseits erfordern Berge eine gewisse Vorausplanung und erhöhen den Strategieanteil des Spiels etwas.
Obwohl alle Spieler mit den gleichen Kartensätzen beginnen, ist neben der Interaktion auch etwas Glück im Spiel. Vor allem gegen Ende der Partie und bei den Spielern, die viel Führungsarbeit geleistet haben. Da kann es durchaus entscheidend sein, ob man in den letzten Runden die guten Karten auf die Hand bekommt oder eben doch nur den "Mist" zieht (insbesondere Erschöpfungskarten).
Insgesamt ist Flamme Rouge ein leicht zugängliches und geschmeidiges Spiel - lediglich das Managen der Kartendecks mag insbesondere für Spieler ohne Deckbau-Erfahrung etwas gewöhnungsbedürftig sein. Geringe Downtime und hohe Interaktion bei zugleich stimmiger Themen-Umsetzung machen es zu einem unterhaltsamen und gelungenen Familienspiel, dass in drei unterschiedlich besetzten Test-Spielrunden durchweg gut angekommen ist.
Manchem Vielspieler mag es vielleicht etwas zu einfach sein und etwas an Tiefe fehlen. Ein weiteres kleines Manko ist die Spielerzahl, die schon bei vier endet. Zu viert hat es uns auch am meisten Spaß gemacht, weil dann am meisten los ist auf der Strecke und richtig Rennatmosphäre aufkommt. Mit weniger Spielern wird dafür der taktisch-strategische Einfluss größer.
Potenzial, das Spiel (auch für Vielspieler) noch interessanter zu machen, scheint durchaus vorhanden: Mehr Spieler, verbesserter Bergmodus oder neue Streckenbesonderheiten, individuelle Fahrerfertigkeiten, aktiver Deckbau, ein Tournee-Modus oder, oder, oder ... Eine Erweiterung ist wohl schon in Planung, man darf gespannt sein, ob es dem Autor damit gelingt, noch mehr Finesse ins Spiel zu bringen.
Rezension Hardy Jackson
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Flamme Rouge: 4,0, 4 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.06.17 von Hardy Jackson - Gelungenes, flott und unterhaltsames zu spielendes Rennspiel. Einfaches, aber elegantes Spieldesign, kaum Downtime, viel Interaktion. Nur der Bergmechanismus ist imho nicht ganz optimal. Aufmachung ist auch gut, aber die Figuren eines Teams sind schwer zu unterscheiden. Hat Potential, um mit einer Erweiterung noch mehr rauszuholen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.08.17 von Michael Dombrowski - Nettes Radrennspiel mit Kartendeckmechanismus. Nicht ganz so taktisch wie das alte "Um Reifenbreite ", welches mehr Optionen bietet. Verschiedene Rennstrecken sind enthalten |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.09.22 von Michael Kahrmann - Mir ist es zu seicht und größtenteils zu spannungsarm weil alle im Windschatten fahren und erst zum Ende der Strecke etwas Würze ins Spiel kommt. Aus dem Grund konnte mich Flamme Rouge nicht überzeugen. Leider. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.02.23 von Michael Andersch - Nett und flott gespielt. Gute Aufmachung, aber die Karten sind vom Design her sehr unübersichtlich, obwohl eigentlich nur eine Zahl drauf steht. Vorder- und Rückseite, Sprinter und Rouleur sowie gerade gespielte und abgelegte Karten - irgendwie ist man immer wieder kurz irritiert, welche Karte bei sich und bei den anderen nun die Richtige ist. Und auch die Radler (Sprinter / Rouleur) hätten irgendwie deutlicher unterscheidbar gemacht werden können. |
Leserwertung Flamme Rouge: 5.2, 13 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
29.10.16 von Jean-Michel Lafouge - Flamme Rouge ist für mich das beste Rennspiel, das ich je gespielt habe. Die Partien sind schnell und machen enorm Spass. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.11.16 von Achhammer - Ein innovatives und origineles Rennradspiel, das enorm Spass macht. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.12.16 von FrankHH - Ein super Rennspiel. Zu dritt gespielt und viel gelacht. Ok, der Glücksanteil ist nicht gerade klein (welche Karten habe ich und sind ausgespielten Karten erfolgreich). Aber es macht einfach riesen Spaß und man kann sich auch mal schön verzocken. Durch die Variabilität der Strecken wird es nicht langweilig. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.02.17 von Daniel Noé - Wunderbar gelunges, flottes Radrennspiel - In jeder Spielerzahl anders und gut - eine ideale Mischung aus Taktik, Glück und Spannung. Dazu große Langzeitmotivatio durch den variablen Spielplan. Nur die doch etwas zu ähnliches Figuren der Fahrer (Allronder, Sprinter) erfordern häufigeres nachschauen und sind leicht spielhemmend. Dennoch eine klare 5 - Warum gibt es eigentlich so wenig Sportspiele, im Rohstoff-, Mittelalter- und Gebietskontrollenverseuchten Spieleland? |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.02.17 von Hans Huehnchen - Ganz okay, aber Flamme Rogue wird einem Snow Tails nie das Wasser reichen können. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.02.17 von Dencer - Verstehe die positiven Bewertungen hier nicht richtig, die Figuren und die dazugehörigen Karten schlecht unterscheidbar, Grafik finde ich überhaupt nicht ansprechend und 3 von 4 Spielern fanden es nicht besonders spannend, ich inklusive. Mal ganz nett aber bitte 5 oder 6 Punkte und dann schon das beste Rennspiel überhaupt??? |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
16.05.17 von Mike |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
09.02.18 von Ivan Lastro - Meine hohen Erwartungen wurden enttäuscht. Spiel bietet zu wenig Entscheidungsfreiheit und Spannung. Dazu überraschend hässlich. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.01.19 von Harry M - Mir ist völlig unverständlich, warum dieses Spiel nie für einen roten Pöppel in Erwägung gezogen wurde. Denn hier stimmt alles: Aufmachung, Spieldauer, Familientauglichkeit, Spannung. Sehr zu empfehlen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.02.20 von Rodriguez - Es hat einige Partien gedauert bis ich die Magie dieses Spiels erkannt habe. Bis es Klick gemacht. Flamme Rouge sorgt bei uns regelmäßig für Jubel, Schadenfreude, Steh-Auf-Momente und laute "Neiiiiiiiin"-Rufe. Was will ich mehr von so einem verhältnismäßig einfachen Spiel. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.02.23 von JonTheDon - Kenne nichts ähnlich immersives bei vergleichbar geringem Regelaufwand. Thematisch und elegant! Unbedingt die Dummys aus der Peloton-Erweiterung zum Auffüllen bei geringen Spielerzahlen dazunehmen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
23.02.23 von Achim Nieder-Vahrenholz - Schnörkelloses Spiel, welches ähnlich wie K2 mit wenigen Regeln sehr thematisch daherkommt. Für Tüftler nicht komplex genug, für eine schnelle Runde (zu dritt ca 40min) aber Spiel, Spass, Spannung und genug taktische Möglichkeiten. Zu zweit gut, zu dritt sehr gut ( zu viert super?)... PS: Mittlerweile haben die Figuren einen Aufdruck, so dass man sie Recht gut unterscheiden kann. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
26.09.23 von sutrebuh - Deckrückbau! Voller Energie in Form eines Kartenstapels starten wir ins Rennen. Doch mit jedem Stück der Strecke verlieren wir mehr oder weniger davon, je nachdem wie stark die Karte ist, die uns in die Pedale hat treten lassen und wir deshalb abwerfen müssen. Wie stark genau ist jedes Mal eine knifflige Entscheidung: Bloß nicht abgehängt werden oder auch nur hinten ins Feld rutschen, weil man da von den Voranfahrenden geblockt werden kann. Ganz vorne wiederum nimmt die Erschöpfung am schnellsten zu. Am besten in der zweiten Reihe bleiben. So oder so schwinden jedoch mit dem Kartenstapel die Kräfte und am Schluss zeigt sich dann, wer damit am besten haushalten konnte. Knapp geht es meist zu, es zählt jedes Feld, das wir uns zuvor durch Windschatten, Bergabfahrten oder sonstwie zu unserem Vorteil nutzen konnten. Flamme Rouge ist spannend, interaktiv, knifflig, familientauglich, schnell. Jeder noch so naheliegende Vergleich zu \"Um Reifenbreite\" hinkt schon deshalb, weil man dort jederzeit eine 12 würfeln kann und genau das auch den Reiz ausmacht, wer dagegen bei \"Flamme Rouge\" seine starken Karten genutzt hat, hat irgendwann zwangsläufig nur noch schwache auf der Hand und muss einsehen, zuvor seine Kräfte etwas überstrapaziert zu haben. Das eine ist nervenaufreibendes Ringen mit Wahrscheinlichkeiten, das andere ein erbarmungsloser Deckrückbau. |