Spielziel
Wir sind die "Händler der Karibik" und versuchen, unseren Wohlstand zu mehren, indem wir rechtschaffende Personen wie Händler, Matrosen, Admiräle usw. (und pssst: Piraten) anwerben und lukrativen, vollkommen legalen Geschäften nachgehen wie zum Beispiel (Schiffe plündern und deren) Waren verkaufen.
Ablauf
In unserem Zug begeben wir uns zunächst auf Entdeckungsfahrt, indem wir solange neue Karten vom Stapel aufdecken wie wir möchten. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Schiffe. Einerseits können wir diese später plündern, um Geld zu verdienen, andererseits ist es aber auch fatal, wenn wir zwei Schiffe derselben Sorte aufdecken, denn damit entfällt für uns die Plünderungsphase. Verhindern lässt sich dies lediglich durch kampfbereite Matrosen oder Piraten, die stark genug sind, um das zweite Schiff einer Sorte direkt abzuwehren.
Haben wir unsere Entdeckungsreise erfolgreich abgeschlossen, dürfen wir nun entweder ein Schiff aus der Auslage plündern, um Gold zu erhalten, oder eine Person anwerben, die wiederum Gold kostet. Ist es uns gelungen, vier oder sogar alle fünf verschiedenen Arten von Schiffen zu entdecken, so dürfen wir sogar zwei oder drei Mal plündern beziehungsweise anwerben. Nachdem der aktive Spieler Karten aus der Auslage genommen hat, dürfen dies reihum auch alle Mitspieler tun, dafür müssen sie dem aktiven Spieler aber eine Münze zahlen.
Die Personen, die wir anwerben können, bieten uns verschiedene Vorteile und definieren damit auch die Strategie für das weitere Spiel. Gouverneure sind sehr teuer und geben keine Siegpunkte, erlauben uns aber mit ihrer sehr mächtigen Fähigkeit, immer eine Karte mehr aus der Auslage zu nehmen. Über den Admiral erhalten wir immer zusätzliche Goldmünzen, wenn wir eine Auslage von mindestens fünf Karten vorfinden. Matrosen und Piraten helfen uns, Schiffe zu besiegen und somit das Risiko beim Aufdecken von mehr Karten zu senken.
Von besonderer Bedeutung sind aber Kapitän, Priester und Siedler. Denn um das Spiel zu gewinnen, benötigen wir nicht nur als Erster zehn Siegpunkte, sondern müssen auch an einer Expedition teilgenommen haben. Dazu müssen wir zwei oder drei durch die Expedition bestimmte Personen abgeben. Die drei genannten Personen bieten zwar keinen Vorteil für das Spiel, aber nur mit ihnen können die Expeditionen erfüllt und das Spiel gewonnen werden.
Fazit
Bei Händer der Karibik handelt es sich um ein reines Kartenspiel. Es kommt in der üblichen Kartenspielverpackung daher und enthält 110 von Klemens Franz sehr ansprechend illustrierte Karten.
Ich muss zugeben, dass es bei mir ein paar Partien gedauert hat, bis das Spiel über den Status "ganz nett" hinausgekommen ist und ich es mittlerweile mit "sehr gutes Kartenspiel" bzw. "viel Spiel für wenig Geld" bewerten würde.
Schuld daran sind verschiedene Aspekte, die sich einem beim ersten Spielen nicht sofort erschließen. Zunächst suggeriert die Anleitung, dass es ein zentraler Bestandteil des Spiels sei, viele verschiedene Schiffe aufzudecken, um dann mehr als eine Karte aus der Auslage erwerben zu können. In unserem ersten Spiel haben wir das fast immer versucht und sind fast immer gescheitert. Mittlerweile wissen wir, dass es viel sicherer und effektiver ist, einzelne Karten aus der Auslage zu nehmen, als zu hoffen, dass man die verschiedenen Schiffe zusammenbekommt, ohne zwei gleiche aufzudecken, die man nicht abwehren kann. Effektiv auf verschiedene Schiffe spielen kann man nur dann, wenn man bereits einige Matrosen und Piraten hat und somit einen Großteil der Schiffe besiegen kann. Aber selbst dann birgt dies noch ein Risiko, da einige Schiffe "unbesiegbar" sind. Wenn man sich dessen bewusst ist und sich zumindest anfangs mehr auf eine gute Karte konzentriert, läuft das Spiel viel runder.
Weiterhin hat sich mir erst nach mehreren Partien gezeigt, wie viele unterschiedliche Strategien sich durch die verschiedenen Personen verfolgen lassen. Es gibt einige recht preiswerte Personen, die zwei Siegpunkte wert sind. Sammelt man diese und erfüllt zügig einen Auftrag, kann man dadurch recht schnell gewinnen. Die anderen Strategien müssen sich stets daran messen. Als erste Person einen Gouverneur zu nehmen kostet viel Geld und liefert keinen Siegpunkt. Da man aber von diesem Zeitpunkt an immer zwei Karten erwerben kann, lässt sich so das Tempo deutlich erhöhen. Ein oder zwei Admiräle sorgen für ein geregeltes Einkommen ohne zu plündern. Matrosen und Piraten erlauben das Aufdecken von mehreren Karten unter deutlich geringerem Risiko, wodurch sich erstens viel gezielter nach bestimmten Personen suchen lässt und zweitens das ein oder andere Mal die Möglichkeit ergibt, viele verschiedene Schiffe aufzudecken und so mehr Karten zu erwerben. Dies sind wohl die Hauptstrategien im Spiel, aber einige andere Personen bieten hier noch interessante Alternativen.
Zwei kleine Kritikpunkte habe ich aber dann doch noch.
1. Den Namen "Händler der Karibik" empfinde ich als nicht sehr gelungen. Selbst der Schachteltext besagt, "Händler der Karibik bietet die volle Breitseite Piraten-Flair!". Warum dann "Händler" und nicht "Piraten der Karibik"? Im Spiel gibt es dann auch den Charakter "Händler", der einem Bonusmünzen beim "Plündern" bestimmter Schiffsarten gibt. Auch dies erscheint mir thematisch nicht 100% stimmig. Eine eindeutige Piratenthematik hätte ich hier als besser empfunden.
2.Teilweise kommen die zum Sieg notwendigen Expeditionen nur sehr schleppend ins Spiel, weil diese z. B. als Bargeld abgelegt wurden. (Jede Karte hat eine Doppelfunktion: Charakter / Schiff auf der Vorderseite und eine Münze auf der Rückseite). Dadurch kann es passieren, dass am Ende lediglich darum gekämpft wird, wer als Erster die einzige ausliegende Expedition erfüllen kann. Und somit geraten die verschiedenen Strategien ein wenig ins Wanken, was zum Glück nur selten vorkommt.
Dies sind aber nur zwei kleinere Kritikpunkte an einem sonst rundum gelungenen Spiel, das mit kurzer Spielzeit punktet und viele verschiedene Wege zum Sieg bietet. Man sollte das Spiel defintiv nicht nach der ersten Partie abschreiben, und nicht daran glauben, dass man so ohne weiteres ein Held wird, indem man alle Schiffsklassen aufdeckt. Durch die einfachen Regeln ist es für Familien und Gelegenheitsspieler interessant, aber auch für Vielspieler bietet es sich als kleines Spiel für zwischendurch an.
Die Einnahmen wurden übrigens alle für einen guten Zweck verwendet.
Rezension Rene Puttin
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Weitere Infos
Die kleine Auflage von "Händler der Karibik" war schnell ausverkauft. Aber Pegasus Spiele hat sich dem Spiel angenommen und eine Neuauflage mit einigen kleinen Änderungen unter dem Namen "Port Royal" veröffentlicht, so dass alle, die jetzt Lust auf das Spiel bekommen haben, dort zugreifen können.