Spielziel
130 000 Käufer können sich nicht so sehr irren, sollte man meinen, und auch der Kosmos-Verlag wird sich was dabei denken, dass er Halali! seit inzwischen 12 Jahren im Programm hat und es nach der Blechdosen-Edition nun auch gerade in der Klassiker-für-Zwei-Edition wieder neu aufgelegt haben. Und ich meine: Wenn es zwei Spiele aus dieser Serie gibt, die man kennen muss, dann ist Halali! eins davon. Fragt sich nur, welches wohl das andere ist?
Ablauf
Zu einer Zeit, als Carcassonne noch ein dem gemeinen Spieler unbekanntes Städtchen irgendwo in Frankreich war, gab es schon kleine eckige Kärtchen, mit denen zu Spielbeginn eine Landschaft ausgelegt wird. Allerdings handelt es sich hier um einen kleinen Wald mit seinen Bewohnern, der zu allem Verdruss am Anfang auch noch verdeckt auf dem 7x7 Felder umfassenden Spielfeldraster liegt.
Zu Beginn der Partie einigen sich die Spieler drauf, wer die Kombination Bär + Fuchs führen darf und wer Jäger + Holzfäller spielt. Es beginnt dann der Spieler mit Bär und Fuchs, indem er ein beliebiges Plättchen auf dem Spielfeld aufdeckt. Anschließend sind die Spieler immer abwechselnd am Zug und dürfen entweder ein neues Kärtchen aufdecken oder eine bereits aufgedeckte Karte ihrer oder der neutralen Partei bewegen. Die Bewegung erinnert ein klein wenig ans Schachspiel: Jäger und Fuchs dürfen wie ein Turm beliebig weit in eine Richtung gezogen werden, Bär und Holzfäller hingegen können wie der König nur ein Feld pro Runde laufen. Enten und Fasane als neutrale Gruppe kann von beiden Spielern ebenfalls beliebig weit gezogen werden.
Unschwer zu ahnen, dass der Jäger natürlich Jagd auf die Tiere macht, allen voran auf den Bären und seinen Verbündeten, den Fuchs. Der Holzfäller hilft ihm dabei, indem er störende Bäume fällt und damit die Schussbahn frei räumt. Denn diese ist das große Handikap der Jäger: Einmal aufgedeckt, zeigt die Flinte in eine Richtung, und legt damit dauerhaft die eine mögliche Schlagrichtung dieses Jägers fest. Schlecht, wenn der Bär dann hinter ihm steht. Denn die zwei Bären machen natürlich Jagd auf die Menschen in ihrem Wald und werden dabei wiederum von den Füchsen unterstützt, die ihrerseits zwar nur die neutralen Vögel schlagen können, also auch wieder Platz räumen, aber auch sehr nützlich sein können, um einem Jäger den Rückweg zu versperren, so dass dieser nicht schießen kann.
Eine Runde dauert so lange, bis alle Plättchen aufgedeckt sind, dann hat jeder Spieler noch fünf Züge, in denen Tier und Mensch nun auch das Spielbrett verlassen dürfen und so noch in die eigene Wertung einfließen können. Anschließend werden die Punkte gezählt (Bären 10, Menschen und Füchse 5, neutrale Tiere und Bäume 2 - 3 Punkte) und dann wird mit vertauschten Rollen eine Rückrunde gespielt.
Die Summe der Punkte aus beiden Spielen entscheidet dann, wer die Partie gewonnen hat.
Fazit
Halali! hat mit seinem Jäger- und Bärenthema den optischen Charme eines naiven Kinderspiels, doch davon sollte man sich auf keinen Fall täuschen lassen. Tatsächlich gehört es zu den Spielen, die mit sehr einfachen Regeln ein überraschende Spieltiefe erreichen, die nur von wenigen (meist Schachspielern) am Anfang durchschaut wird.
So wird Halali! von Gelegenheitsspielern oft eher als Glücksspiel erlebt, während für erfahrene Spieler durchaus einiges an Taktik und Überlegungen enthalten ist, mit der man dem Zufall zumindest teilweise von der Schippe springen kann. Wann und wo man Plättchen aufdeckt, welchen Jäger oder Gejagten man vielleicht besser aufgibt, um stattdessen mit anderen Figuren seine Position zu verbessern, statt drei, vier Züge mit nutzlosem Weglaufen zu vergeuden, sind wichtige Entscheidungen. Dazu die Überlegung, wo und wie man den Gegner an nützlichen Bewegungen hindern und möglichst in Matt-Situationen zwingen kann. Hier ist durchaus auch eine Prise Schach enthalten, ohne aber zu verkopft und anstrengend zu werden.
Natürlich kann bei der Auslage der Plättchen am Anfang der Zufall auch mal derart gnadenlos zuschlagen, dass ein Spieler eine tatsächlich hoffnungslose Aufstellung vorfindet, doch auch dann kann man noch versuchen, wenigstens die bestmögliche Niederlage zu erreichen, statt unter großem Gejammer in die größtmögliche zu steuern. Mit etwas Glück bringt die Rückrunde ja die gewünschte Revanche. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Spielrunden mit dem Jäger etwas einfacher sind und mit höherer Wahrscheinlichkeit den Sieg bringen, daher ist die Rückrunde mit vertauschten Rollen für die Chancengleichheit sehr wichtig, weil erst in der Summe aus beiden Spielen zeigt sich dann, wer tatsächlich gewonnen hat.
Das Spielmaterial aus stabiler Pappe ist unspektakulär, aber völlig in Ordnung. Die Regel ist kurz und übersichtlich, dazu gibt es hohe Interaktion, die mit einer angenehmen Mischung aus Taktik und Glück für spannende Spielzeit sorgt. Eine Runde dauert selten länger als 15 bis 20 Minuten, so dass für Hin- und Rückrunde 30 bis 40 Minuten benötigt werden, was von der Spannung her auch genau passend ist für dieses Spiel.
Durch die niedliche Grafik und den gegebenen Glücksfaktor behält Halali! trotz seines konfrontativen Charakters immer eine angenehme Lockerheit, und die enthaltene Spieltiefe, die sich im Laufe von einigen Partien herauskristallisiert, sorgt tatsächlich für langfristigen Spielspaß. Und so kann ich hier, statt dem unter Spielrezensenten so beliebten Satz: "Ein Spiel, das sicher noch oft auf unseren Tisch kommen wird" mal schreiben: Ein Spiel, das bei mir tatsächlich seit ca. 10 Jahren immer noch regelmäßig auf den Tisch kommt und bis heute, nach Babel, mein zweitliebstes Spiel aus der Kosmos 2er-Serie geblieben ist. Daumen hoch, wie andere Rezensenten an dieser Stelle sagen würden.
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.