Rezension/Kritik - Online seit 15.08.2015. Dieser Artikel wurde 13376 mal aufgerufen.
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Mit Automobilen haben wir uns im Brettspiel ja schön öfter beschäftigen dürfen, aber selten so umfassend wie in Kraftwagen, wo wir diese nicht nur bauen, sondern auch noch entwickeln, verkaufen und nebenbei damit noch Rennen fahren können.
Es gibt also viel zu tun in diesem Spiel, und wie immer in solchen Fällen ist die (Aktions-) Zeit mal wieder sehr begrenzt.
Das Hauptspielelement bei Kraftwagen ist eine rundherumlaufende Aktionskette mit 16 Feldern, auf der die möglichen Aktionen in Form von 10 Chips ausliegen. 6 Felder bleiben also leer, und auf diese Felder hinter die Aktionschips setzen wir zu Beginn des Spieles unsere Figuren. Wie man es aus Glen More vom selben Autor schon kennt, ist dann immer der Spieler am Zug, der in der Reihenfolge am weitesten hinten steht. Er kann eine, manchmal auch mehrere Aktionen auswählen, bis wieder ein anderer Spieler an letzter Position ist.
Wer eine Aktion auswählt, springt mit seiner Figur beliebig weit auf das Feld mit der gewünschten Aktion und führt diese dann sofort aus. Das gewählte Aktionsplättchen wird anschließend an den Anfang der Reihe gelegt, also von allen Spielern am weitesten weg. Zur Auswahl stehen 6 verschiedene Aktionen, einige Chips bieten aber auch zwei, einer sogar drei verschiedene Aktionen an.
Die Aktionen kurz im Überblick:
Als eine der wichtigsten Aktion können wir Forschung betreiben, was bedeutet, dass wir (unter anderem) Kärtchen mit Motoren und/oder Karosseriepunkten erhalten, die unsere Technik in der entsprechenden Kategorie verbessern.
Zwei weitere Aktionen sind, entsprechend unseres aktuellen Forschungslevels einen Motor oder eine Karosserie zu bauen und in unser Lager zu legen. Aus beiden Teilen zusammen lässt sich, wie nicht weiter verwunderlich, ein Auto zusammenbauen, das wir als Zusatzaktion am Ende unseres Zuges auf den Markt bringen können.
Doch damit unsere Autos sich auch verkaufen, braucht es noch die Käuferaktion. Damit kann ein Käufer mit einer bestimmten Vorliebe ausgewählt und auf der Käuferleiste platziert werden. Es gibt vier verschiedene Vorlieben (größter Motor, größte Karosserie, billigstes Auto und bester Service), die am Ende der Runde darüber entscheiden, welcher Käufer welches Auto auswählt.
Weiterhin gibt es dann noch die Aktion zum Einstellen von Arbeitern, die sowohl für die Forschung als auch zum Verkaufen (Service) gebraucht werden, sowie die Möglichkeit mit dem Firmenrennwagen am Autorennen teilzunehmen.
Am Ende einer Runde werden die Autos auf dem Markt an die ausliegenden Verkäufer entsprechend deren Vorlieben verkauft. Maximal 6 Autos stehen maximal 4 Käufern gegenüber, nicht verkaufte Autos wandern in den Schrott. Weiterhin gibt es noch Prämien für die erfolgreichsten Rennfahrer der aktuellen Runde.
Nach nur drei Runden endet das Spiel, der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt und wird fortan in einem Satz mit Benz, Daimler und Opel genannt (das zumindest verspricht uns die Spielanleitung).
Am interessantesten an Kraftwagen ist sicherlich der Aktionswahl-Mechanismus, den Matthias Cramer nach Glen More konsequent weiter entwickelt und hier wie einen alten Bekannten neu eingekleidet hat. Als Freund dieses Mechanismus fühle ich mich schnell heimisch im Spielgeschehen und komme mit der Auswahl gut zurecht. Schwieriger ist es, den richtigen Rhythmus zu finden, wann sich ein größerer Schritt nach vorne lohnt, oder ob man lieber hinten bleibt und hofft, von den übersprungenen Aktionen der Mitspieler zu profitieren.
Ebenfalls gelungen, wenn auch mit Einschränkungen, ist der Markt. Was mir gut gefällt, ist die Preisbildung. Pro Runde gibt es 8 Chips mit verschiedenen Werten (zwischen 1 und 15), das sind die möglichen Verkaufspreise. Wer ein Auto auf den Markt bringt, wählt einen dieser Chips aus und legt ihn zu seinem Auto. Natürlich werden die hohen Chips gerne am Anfang der Runde gewählt, wenn man aber noch gar nicht weiß, welche Käufer ins Spiel kommen. Für die 6 Autos, die angeboten werden können, kommen maximal 4 Käufer, das heißt, es kann einem passieren, dass die Kategorie, in der die eigenen Autos gut sind, gar nicht nachgefragt wird. Wer sich anderseits erst um die passenden Käufer kümmert, läuft Gefahr, dass die höchsten Preise schon gewählt wurden, dann muss man sein Auto möglicherweise unter Wert verkaufen. Hier haben wir es mit einem klassischen Timing-Dilemma zu tun, das mir immer wieder gut gefällt.
Die Rennstrecke schließlich ist thematisch sehr passend, stellt aber eher einen Nebenschauplatz dar. Zwar lassen sich auf der Rennstrecke einige Punkte holen, entschieden wird das Spiels aber mehrheitlich beim Autoverkauf. Wer nur auf Autorennen setzt, wird das Spiel kaum gewinnen. Hingegen kann zwischen den besten Verkäufern dann doch der bessere Rennfahrer das Spiel für sich entscheiden.
Nicht so begeistert bin ich von den Prämienplättchen, die ich hier aber nicht groß erwähnen will. Davon scheinen mir zu viele recht willkürlich. Punkte eben, die man einfach mitnimmt, wenn es eh gerade gut läuft.
Und damit komme ich zum kritischen Teil meiner Rezension, den ich mit der Spieldauer einleiten will: Das Spiel ist kurz. Sowohl spielerisch, nur drei Runden, als auch zeitlich, ca. 75 Minuten - wie auf der Packung angegeben - sind realistisch. Länger als 90 Minuten haben wir in keiner Besetzung gebraucht.
Um in nur drei Runden, mit nicht allzu vielen Aktionen, eine ordentliche Entwicklung zu ermöglichen, muss diese halbwegs zügig laufen. Das bedingt, dass ab der zweiten Runde die Entwicklung der Spieler sehr deutlich auseinander läuft. Der eine setzt auf große Motoren, der andere auf die größte Karosserie. Insbesondere im Spiel zu viert ist es schlicht nicht möglich, in beiden Kategorien mitzumischen. Ein 3er- oder 1er-Motor im Auto macht keinen Unterschied mehr, wenn ein 4er-Motor im Markt ist, da der PS-Käufer nur den Wagen mit dem größten Motor nimmt. Und für den Käufer der größten Karosserie spielt der Motor ohnehin keine Rolle.
Meines Erachtens liegt der Knackpunkt bei den Käufern: Die vier sturen Vorlieben, die nur einen einzigen Wert des Autos bewerten, sorgen dafür, dass man sich auf eine einzige Kategorie spezialisiert, und dann von dieser Spezialisierung im weiteren Spiel auch nicht mehr abweichen kann. Alternative Strategien scheinen mir fast nicht möglich, außer im Spiel zu zweit, wo man genug Zeit hat, Karosserie und Motor zu entwickeln.
Als Ausgleich gegen die Spezialisierung gedacht waren wohl die Kategorien günstigster Preis und Service, in denen man sich nicht speziell entwickeln kann. Das bedingt aber, dass in diesen Kategorien immer auch alle Mitspieler wildern können, und speziell mit dem günstigsten Preis lässt sich einfach nicht viel Geld verdienen. Auch die Rennstrecke ist, wie schon erwähnt, keine wirkliche Strategie-Alternative und steht natürlich eher den Spielern offen, die auf Motoren spielen.
Nach meiner Meinung wäre etwas mehr Varianz bei den Vorlieben nötig, dass Käufer sich z. B. für die höchste Gesamtsumme eines Autos (Karoserie + Motor) entscheiden oder ähnliches. Vielleicht kommt das ja noch mit einer potenziellen Erweiterung. So spielt sich der Markt extrem starr und vorhersehbar und verschenkt damit einen großen Teil des spielerischen Potenzials von Kraftwagen.
Zusammengefasst: Kraftwagen gefällt insbesondere in den ersten Runden. Es ist gut zugänglich, spielt sich locker und hat trotzdem einen gewissen Anspruch. Besonders der Aktionsmechanismus gefällt mir, auch wenn ich immer das Gefühl habe, alle anderen machen es besser (in der Regel tun sie das auch, ich weiß einfach nicht, wie). Mit 2 bis 4 Spielern funktioniert es ähnlich gut, meine Empfehlung ist eher an den Rändern, zu zweit oder zu viert gefällt es mir am besten.
Auch die Spielregel ist übersichtlich und gut verständlich, hat allerdings leichte Lücken, zu denen es im Internet bereits ein FAQ gibt (s. Regelkorrektur).
Ebenfalls sehr positiv zu erwähnen ist die gelungene Grafik, die auch optisch einfach Lust macht auf das Spiel. Umso bedauerlicher, dass die fehlende Varianz sehr schnell deutlich wird und damit der Wiederspielreiz schon bald nachlässt.
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Folgende Regelklarstellungen wurden zu Kraftwagen schon veröffentlicht:
H@LL9000 Wertung Kraftwagen: 4,4, 10 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
15.06.15 von Michael Timpe - Nach dem ersten Spiel hätte ich noch 5 Punkte gegeben, inzwische bin ich nicht mal mehr bei 4 Punkten. Die fehlende Varianz verdirbt mir einfach die Motivation,es noch mal spielen zu wollen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.05.15 von Andreas Odendahl |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.05.15 von Michael Dombrowski - Leichte Unklarheiten im Regelwerk bezüglich "Grand Prix-Rennen", Einsatz der Ingenieure etc. Übrigens auch zwischen Verleger und Autor!!! Grafik für meinen Geschmack langweilig, da hätte man deutlich mehr daraus machen kann. Das Spiel selber ist interessant und auch gut zu zweit spielbar. Es ist nicht sonderlich komplex, bietet aber interessante Entscheidungen. Hilfreich wäre eine Regelklarstellung durch den Verlag!! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
18.05.15 von Tommy Braun - Name und Aufmachung passen zwar gut zum Thema sind manchem aber etwas zu trist - ich finde es ganz gut. Sehr schöner Zugmechanismus wie schon bei Glen More. Sehr tricky - ich kann es zwar (noch) gar nicht, mag es aber umso mehr. Angenehm kurze Erklär- und Spielzeit. Wenn es länger trägt, tendiere ich fast zur 6, aber das kann ich nach 5 Spielen noch nicht sagen. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
24.06.15 von Michael Andersch - Etwas öde Grafik. Spielerisch ganz ok, mit einigen (gewollten?) Disbalancen. Z.B. dass die Spezialisierung auf Motoren aufgrund ihrer Verwertbarkeit für Verkauf UND Rennen deutlich stärker ist als die Spezialisierung auf Karosserien. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
10.08.15 von Frank Solnitzky |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
07.09.15 von Silke Hüsges |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
04.10.15 von Edgar Ameling - Das Spiel ist zwar ein Kennerspiel, aber bei weitem nicht so komplex wie "Kanban" oder "Automobile" und spielt sich deutlich entspannter. Andererseits ist die Grafik zwar übersichtlich wirkt jedoch etwas trist bzw. sehr einfach gehalten. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
05.10.15 von Regina Molter - Ein Spiel mit Autos, das mir gefällt! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
30.07.22 von Roland Winner |
Leserwertung Kraftwagen: 4.8, 6 Bewertung(en)
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
19.05.15 von Hans Huehnchen - Elegante Aufmachung, fluffiges Spielgefühl. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
21.05.15 von ravn - Ein glatter 5er in allen Bereichen. Gut, aber eben nicht super. Zu dritt habe ich es kennengelernt und zu dritt gefählt es mir auch am besten. Da hat man ausreichend Kontrolle zwischen den eigenen Spielzügen und wird nicht vom Marktgeschehen überrollt. Zu viert fühlte ich mich hingegen zu sehr gespielt und es war eher ein alles-oder-nichts, ob man in dieser arg konfrontativen Situation überhaupt Siegpunkte abbekam. Braucht sicher noch mehr Spielpartien für eine abschliessende Bewertung, denn der Automarkt ist wesentlich trickreicher, als man zunächst meinen könnte. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
01.09.15 von Pasvik - Ein rundum gelungenes Spiel. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass nach ein paar Spielen der Wiederspielreiz stark nachlässt, weil doch irgendwie immer dasselbe passiert. Die Grafik ist sehr stil- und stimmungsvoll und nur auf den ersten Blick schlicht. Derzeit aber noch eine klare 5! |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.09.15 von Shigeru - Kraftwagen ist m.E. sehr interaktiv. Vor allem das Geschehen auf dem Markt, auf dem ich mich nur einmal, und zwar in der ersten Runde mit 6 Punkten durchsetzen konnte, kann durchaus frustrieren, wenn die Mitspieler in den Runden dort sehr viele Punkte erhalten man selber aber leer ausgeht. Dies liegt aber nicht an irgendeinen Glücksfaktor oder Zufallselement, sondern schlicht daran , dass man schlecht geplant hat. Kraftwagen hat ein elegantes Spieldesign, ist schnell erklärt und spielt sich gut. Die Mechanismen sind gut verzahnt. Ich denke, dass man mehrere Partien spielen muss, um alle strategischen Möglichkeiten zu erkennen, die das Spiel bietet. Ich befürchte aber, dass der Spielreiz nach einigen Partien nachlassen wird, wenn man die maßgeblichen Strategien erkannt hat. |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
02.09.15 von Daniel Noé - Kanban in ganz light. Matthias Cramers Spiele haben in meinen Augen oftmals das Problem, dass sie über sehr schwache Spannungsbögen verfügen. Dies ist auch einmal wieder bei Kraftwagen der Fall. Der Glen More Zugmechanismus ist eine seiner größten Inovationen, die auch in Kraftwagen gut greift. Das Glück/Pech was man beim Karten ziehen hier haben kann ist mir deutlich zu spielbeeinflussend. Unter dem Strich dennoch ein gutes Spiel, was für diejenigen denen Kanban zu komplex verzahnt ist, sicher eine lohnende Anschaffung ist. Eine gute 4 |
Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
31.10.16 von Joe - Tolles Spiel. Am Material gibt es nix zu meckern. Die Grafik ist sicher Geschmackssache, mir gefällt die zurückhaltende Gestaltung mit den blassen, altmodischen Farben, die die Zeit und Technik betonen, sehr gut. Der Markt hat es in sich. Für welche Strategie man sich entscheidet, hängt sicherlich auch davon ab, an welche Forschungskarten man zuerst kommt. Dennoch muß man etwas flexibel bleiben, um passend auf den Markt reagieren zu können oder sich verstärkt dem Rennen zu widmen. Der Spielreiz hält sich meiner Meinung nach auch auf Dauer. - Die Bewertung bezieht sich auf die 2. Auflage und das Spiel mit 3 Personen |