Spielziel
Im Jahre 4000 v. Chr. entwickelt sich in Uruk, dem urbanen Zentrum Mesopotamiens, die erste Hochkultur. Die sumerische Zivilisation macht dank ihrer Kreativität zahlreiche Erfindungen, die ihr helfen, Ressourcen abzubauen und so Dörfer und Städte zu errichten. Versetzt in diese Zeit gilt es nun, sein Volk innerhalb von vier Epochen zielstrebig und schneller zur kulturellen Blüte zu führen als dies die Mitstreiter tun.
Ablauf
Jede Zivilisation hat einmal klein angefangen und so beginnen wir mit einer einfachen Erfindung, die uns in absehbarer Zukunft ein paar Ressourcen bescheren wird, und einem angegliederten Dorf. Um unsere Zivilisation zu einer hochentwickelten Kultur zu führen, sind nun weitere Erfindungen höherer Entwicklungstufen vonnöten, die für zusätzlichen Nachschub an Ressourcen sorgen, die Entwicklung weiterer Erfindungen begünstigen oder vorteilsbringende Spezialfähigkeiten verleihen.
Will man eine neue Erfindung machen, ist zum Glück keine Kreativität gefragt, sondern gezieltes Sammeln von Erfindungskarten. Für eine Erfindung der Entwicklungstufe drei sind beispielsweise drei gleiche Erfindungskarten nötig, wobei fehlende Karten auch durch jeweils zwei gleichfarbige andere Karten ersetzt werden können. Leider muss sich ein Volk bei seiner Entwicklung auf fünf Erfindungen beschränken, was dazu führt, dass zur rechten Zeit Erfindungen einer niedrigen Entwicklungsstufe oder solche, die bereits ausgedient haben, durch neue ersetzt werden müssen.
Ideenreichtum allein reicht aber nicht aus - man muss ihn auch nutzen. Durch den gezielten Einsatz der Erfindungen ist für ausreichend Ressourcen zu sorgen, welche dann in Verbindung mit Spezialfähigkeiten zum Bau von Dörfern und später auch Städten genutzt werden. Wichtig ist, dabei nie den Zeitfaktor aus den Augen zu verlieren, denn die Anzahl der Siedlungen, die in den einzelnen Epochen errichtet werden können, ist begrenzt. Zudem steigen die Kosten für eine Siedlung in jedem Zeitabschnitt an.
Als wenn die ganze Erfinderei und Siedelei nicht schon genug Energie kosten würde, muss man zwischenzeitlich noch um die Gunst der Götter buhlen oder Naturkatastrophen abwehren, die beispielsweise den Verlust einer Erfindung oder Siedlung bewirken. Die Götter lassen sich durch Erfindungen beeindrucken, die die Spieler in einer Bietrunde aus ihren Handkarten ausspielen. Einige Götter haben auch ein Herz für die Schwächsten und begünstigen direkt das Volk mit den wenigsten Siedlungen, wobei die anderen Völker auch einen kleinen Bonus bekommen. Bei den Katastrophen wird hingegen mit begehrten Ressourcen geboten. Dies will gut überlegt sein, denn nur der Meistbietende bleibt von den Auswirkungen verschont. Da sich die Ereignisse glücklicherweise immer im Voraus ankündigen, bleibt jedoch genug Vorbereitungszeit, die Sache mit einer gewissen Gelassenheit anzugehen.
Nachdem die letzte Siedlung der vierten Epoche errichtet worden ist, folgt die Schlussphase, in der noch einmal alle Kräfte mobilisiert werden können. Ob ein Volk die Entwicklung zur Hochkultur geschafft hat und sich gegenüber der Konkurrenz durchsetzen konnte, zeigt die anschließende Bewertung der gemachten Erfindungen. Eine Erfindung ohne angrenzende Siedlung erzielt einen Trostpunkt, ein Dorf lässt die Punktezahl auf Höhe der Entwicklungsstufe steigen und eine Stadt verdoppelt gar diesen Wert.
Fazit
Der erste Eindruck, den Uruk hinterlässt, ist verhalten. Die Ausstattung ist standardmäßig: ein paar Holzwürfelchen, Holzscheiben und ein Kartendeck in guter Qualität. Daran gibt es nichts auszusetzen und die Bezeichnung '"funktional" trifft es wohl am besten. Auch die Grafik ruft keine Verzückungsrufe hervor. Konträr zum stimmungsvollen Cover wird man mit Spielkarten konfrontiert, deren Gestaltung sich auf das Wesentliche beschränkt, was zugegebenermaßen der Übersichtlichkeit dient, und deren Farbgebung ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Die Entscheidung für Schweinchenrosa ist schwer nachzuvollziehen und kann nur als Zugeständnis an farbschwache Spieler gesehen werden. Wenn diesen dadurch tatsächlich geholfen wird, dann will man auch nicht weiter meckern. Letztendlich ist die Spielbarkeit entscheidend und diesbezüglich gibt es, auch wenn die Aufmachung nicht ganz die Erwartungshaltung trifft, nichts zu diskutieren.
Bevor das Material nun zum Einsatz kommen kann, sind zwei Hürden zu nehmen: Lektüre der Spielanleitung und Erlernen einer Symbolsprache. Das Lesen der Anleitung setzt ein wenig Erfahrung mit Regellesen voraus. Querverweise innerhalb der Regel und Parallelverweise auf ein beiligendes Faltblatt, welches die Erfindungen einzeln erläutert, erfordern etwas Durchhaltevermögen. Auch hätte man an einigen Stellen zur Verdeutlichung ein paar Worte mehr spendieren können. Da in den ersten Runden immer wieder Fragen auftauchen, sollte man sowohl die Regel als auch das Beiblatt immer griffbereit haben. Dass der Spieleinstieg etwas holprig verläuft, liegt aber zum Großteil auch an der Symbolsprache, die zwar Sprachunabhängigkeit schafft, deren Piktogramme jedoch erst einmal verinnerlicht werden wollen. Sobald man mit dem Ablauf und den einzelnen Erfindungen vertraut ist, erscheint allerdings vieles einfacher und logischer als es zunächst den Anschein hatte.
Das ist dann der Zeitpunkt, an dem Uruk anfängt, richtig Spaß zu machen, denn nun bestimmen taktische Überlegungen das Spielgeschehen. Immer den Sieg vor Augen, sollte man insbesondere beim Siedlungsbau ein wenig Tempo an den Tag legen und die lieben Mitspieler so ein bisschen unter Druck setzen. Das gelingt am besten mit einem guten Ressourcen-Management und passenden Kartenkombinationen. Doch so einfach ist das Ganze nun auch nicht. Schließlich sind die Aktionsmöglichkeiten begrenzt und nicht immer kann man die Erfindungen auslegen, die man gerade benötigt. Kurzfristige Entscheidungen, Flexibilität und permanentes Abwägen prägen den Spielablauf. Wichtig ist auf jeden Fall, dass der Ressourcen-Nachschub nicht ins Stocken gerät. Aber auch der richtige Zeitpunkt, wann eine ausliegende Erfindung durch eine höherwertige ersetzt werden soll und vor allem durch welche, will überlegt sein. Zudem kann ein gelegentlicher Blick auf die Ressourcen-Vorräte und den Entwicklungsstand der Mitspieler nicht schaden. Denn wenn man sieht, dass sich dort der Bau einer Siedlung anbahnt, sollte man reagieren und vielleicht doch lieber erst in ein Dorf investieren als eine Erfindung auslegen. So lässt sich durch ein wenig Aufmerksamkeit eventuell noch die ein oder andere Ressource sparen, die unter Umständen entscheidend sein könnte, eine drohende Katastrophe abzuwehren.
Genau diese Punkte sorgen für ausreichend Spieltiefe und machen aus Uruk ein anspruchsvolles Spiel, von dem ein hoher Wiederspielreiz ausgeht. Durch die gut abgestimmten Spielmechanismen bleibt der Spannungsbogen bis zur Schlusswertung erhalten und auch die Wartezeiten sind gering, so dass man ständig ins Spielgeschehen involviert ist. Was will man also mehr? Interaktion werden nun einige sagen. Diese ist in der Tat nicht sehr ausgeprägt und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Bietrunden bei den Götter- und Katastrophenkarten. Da es sich ohnehin nicht um ein kampfbetontes Zivilisationsspiel, sondern um ein friedliches Aufbauspiel handelt, vermisst man sie jedoch auch nicht sonderlich.
Anlass zur Kritik könnte vielmehr die thematische Umsetzung geben, denn da zeigt Uruk eindeutig Schwächen. Zum einen scheint die farbliche Zuordnung der Erfindungen sehr willkürlich vorgenommen zu sein. Auch bleibt es der Fantasie der Spieler überlassen, um was es sich nun im Einzelnen bei den Ressourcen handelt. Wofür steht bitte schön eine gelbe Ressource bei einer Kanalisation oder einer Zikkurat? Zum anderen war Demenz scheinbar bereits bei den Summerern verbreitet. Denn sobald das Rad erfunden war, dann aber durch eine neue Erfindung ersetzt wurde, war all das Wissen schlagartig vergessen und das Rad konnte erneut erfunden werden. Und selbst wenn man mit einem Flaschenzug bereits den Weg in Richtung Hochkultur eingeschlagen hat, kann man trotzdem nochmal, sicher ist sicher, ein Rad erfinden. Aber irgendwie stört die fehlende Logik nicht weiter, denn dieses kleine Manko wird durch ein wohldurchdachtes Spielsystem aufgefangen, und das ist letztendlich entscheidend.
So wird man, abgesehen von den ersten Partien, für die man locker die doppelte Spielzeit einplanen kann, bei einer Spieldauer von 30 bis 60 Minuten bestens unterhalten. Dabei ist der Spielspaß von der Spielerzahl unabhängig - Uruk spielt sich in allen Besetzungen gleich gut und ist insbesondere für zwei Spieler sehr empfehlenswert. Wer kein episches Zivilisationsspiel erwartet und ein kurzweiliges Aufbauspiel sucht, ist mit Uruk mehr als gut beraten.
Rezension Monika Harke
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.