Spielziel
Zwölf Stämme, sechs Königreiche und der Beginn eines neuen Zeitalters entführen uns auf den Kontinent Ethnos. Als Anführer versuchen wir die zwölf Stämme zu einen und mit Hilfe ihrer besonderen Fähigkeiten die Vorherrschaft über die einzelnen Königreiche zu erlangen. Mit Weisheit, Timing und Intuition schwingen wir uns zum neuen Herrscher über Ethnos auf.
Ablauf
Bei Ethnos handelt es sich um ein Karten getriebenes Mehrheitenspiel für 2 bis 6 Spieler. Gespielt wird über 3 Zeitalter, in denen die Spieler Karten sammeln und gesammelte Kombinationen der Karten als Kampfverband ausspielen. Das Spielmaterial besteht aus einem Spielplan, 12 Kartensätzen für die 12 Stämme, diversen Wertungstableaus und Spielscheiben in 6 Spielfarben.
Im Spiel sind immer die 12 bis 24 Karten von 6 zufällig bestimmten Stämmen. Wenn man am Zug ist, hat man die Möglichkeit, eine Karte auf die Hand zu nehmen oder einen gesammelten Kampfverband von der Hand auszuspielen.
Um einen Kampfverband auszuspielen, müssen immer 1 bis 10 Karten eines Stammes oder verschiedener Stämme eines Königreiches als Gruppe ausgelegt werden. Die oberste Karte dieses Kampfverbandes gilt als Anführer und aktiviert die auf ihr stehende besondere Fähigkeit des Stammes, die direkt ausgeführt wird. Zum Beispiel erlauben es die Elben, so viele Karten auf der Hand zu behalten, wie soeben ausgelegt wurden. Grundsätzlich gilt nämlich, dass alle noch vorhandenen Handkarten nach dem Ausspielen eines Kampfverbandes in die offene, für alle Spieler zugängliche Auslage gelegt werden müssen.
Anschließend wird geprüft, ob man eine seiner Spielscheiben in das Königreich des ausgespielten Anführers setzen darf. Dies ist der Fall, wenn die Ebene, in die man einsetzen will, der Anzahl der gespielten Karten entspricht oder niedriger ist.
Reihum wird solange gespielt, bis 3 Drachenkarten aus der unteren Hälfte des Nachzugstapels gezogen wurden. Wird der dritte Drache gezogen, endet das Zeitalter sofort, und es kommt zu einer Wertung.
Gewertet werden die ausgespielten Kampfverbände, bei denen es je nach Anzahl der Karten Punkte gibt, und die Mehrheiten in den 6 Königreichen. Außerdem kann es noch zusätzliche Punkte für einige der besonderen Fähigkeiten der Stämme während der Spielrunde oder am Ende eines Zeitalters geben. Nach der Wertung des dritten Zeitalters endet das Spiel, und der Spieler mit den meisten Siegpunkten wird neuer Herrscher über Ethnos.
Fazit
Wer den Spielablauf gelesen hat, wird sich denken, was jetzt wohl das Neue, Innovative oder Besondere an Ethnos sei? Hört sich nach einem einfachen Kartensammel- und Mehrheitenspiel an. Stimmt, aber …
Mir kam im ersten Moment auch der Gedanke „Lohnt sich hier überhaupt ein Blick?“ Um es kurz zu machen: JA, und zwar nicht nur einer! Nach meiner ersten Partie sollten viele weitere und eine Menge Spielspaß folgen. Was auf den ersten Blick als belanglos erscheint, wird durch die Mechanik zu einem hochinteressanten Spiel, welches den Spieler dauernd vor das Dilemma stellt, ob er weiter Karten sammelt oder jetzt schon ausspielt.
Die kleine, einfache Regel, alle Handkarten offen nach dem Ausspielen eines Kampfverbandes in die Auslage legen zu müssen, macht Ethnos zu etwas Besonderem. In der ersten Runde fühlt sich das komisch an, aber schnell erkennt man, vor welchem Dilemma der Spieler im ganzen Spielverlauf steht. Um die eigenen Spielscheiben auf die wachsenden Türmchen in den Königreichen legen zu dürfen, müssen immer größere Kampfverbände ausgespielt werden. Hinzu kommt, dass für das Einsetzen einer Spielscheibe in ein bestimmtes Königreich auch die zum Königreich passende Karte als Anführer gesammelt werden muss und dass es für größere Kampfverbände bei den Wertungen mehr Punkte gibt. Mit jeder gezogenen Karte kommt man dem Handkartenlimit von 10 Karten näher und muss sich überlegen, ob das Weitersammeln nicht doch den anderen Spielern durch die Ablage überzähliger Handkarten mehr hilft als dem Spieler selbst.
Die pfiffige Kombination von einfachen Sammel- und Legeregeln mit den verschiedenen Wertungsmöglichkeiten fesselt von der ersten Partie an und führte in meinen Spielrunden dazu, dass - soweit zeitlich möglich - immer mindestens eine weitere Runde gespielt wurde. Nach jeder Partie hat man das Gefühl: Da geht noch was. Und weil immer nur 6 der 12 verschiedenen Stämme in einer zufällig bestimmten Kombination im Spiel sind, fühlt sich jedes Spiel anders an und der Spielreiz bleibt lange erhalten.
Eine gut strukturierte Spielregel mit vielen Beispielen und Bildern erklärt auf 10 von 16 Seiten das Spiel etwas langatmig im Text. Die restlichen Seiten werden für die Erklärung der speziellen Eigenschaften der Völker sowie für eine Regelübersicht genutzt. Die Übersicht auf der letzten Seite enthält alle wichtigen Regeln, so dass ein Nachschlagen bei Fragen häufig entfällt, und eignet sich außerdem sehr gut als Hilfe für den Erklärer.
Das Spiel funktioniert in allen angegebenen Spielerzahlen (2 – 6 Spieler), wobei bei 2 und 3 Spielern kleine Regeländerungen beim Spielaufbau und den Wertungen beachtet werden müssen. Mir persönlich haben die Partien mit 4 bis 6 Spielern am besten gefallen. Vor allem in voller Besetzung mit 6 Spielern ist Ethnos immer noch sehr gut spielbar.
Die angegebene Spieldauer von 45 bis 60 Minuten ist passend gewählt. Die ersten Partien dauern etwas länger, da sich die Spieler mit der Mechanik und den speziellen Fähigkeiten der Völker vertraut machen müssen. Mit erfahrenen Spielern dauerte eine Partie selten länger als 45 Minuten.
Das Spielmaterial besteht aus mehr als 180 Karten, diversen Tableaus und Wertungsplättchen sowie einem Spielplan und Einflussmarkern für die Spieler. Die Spielkarten sind von durchschnittlicher Qualität und wirken auf den ersten Blick etwas anfällig, aber auch nach diversen Testrunden sind sie noch gut erhalten und spielbar. Die Wertungsplättchen, Tableaus und der Spielplan sind aus dicker, stabiler Pappe. Die Einflussmarker aus Plastik sind sehr funktional gestaltet und lassen sich zu stabilen Türmchen stapeln, ohne dass man Angst haben muss sie ständig umzustoßen.
Grafisch ist Ethnos sehr brachial und düster umgesetzt. Hier wäre vielleicht weniger mehr gewesen, da es den einen oder anderen Interessenten eher abschrecken als anziehen wird. Ansonsten ist das Spielmaterial grafisch, farblich und symbolisch so gestaltet, dass es den Spielfluss nicht hemmt und gut unterstützt. Einzig die etwas dünnen farblichen Umrandungen der Königreiche auf dem Spielplan und die Schriftgröße auf den Karten wurden in meinen Spielen bemängelt.
Ethnos entpuppte sich in meinen Testrunden sowohl bei Vielspielern, Gelegenheitsspielern und Familien mit Kindern ab 12 Jahren als Spiel mit hohem Suchtfaktor. Ich kann deshalb jedem nur empfehlen, sich nicht von der Grafik der Schachtel abschrecken zu lassen und Ethnos auszuprobieren. Für mich ist es eines der Highlights des Jahrgangs 2017.
Rezension Andreas Molter
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.