Spielziel
Mit dem Homestead Act wurden in den USA im 19. Jahrhundert der Landerwerb für die Siedler in der noch unbesiedelten Prärie geregelt. Wer fünf Jahre ein Stück Land besiedelte und auch bewirtschaftete, wurde automatisch zum Eigentümer. Im Spiel sind wir schon einen Schritt weiter und errichten verschiedene Häuser in einem Dorf, das sich über Runden bis zur Stadt weiterentwickelt. Und natürlich wollen wir mal wieder der erfolgreichste Bauherr sein.
Ablauf
Um Homesteaders kurz und prägnant beschreiben zu können, muss man kurz den Spielaufbau vorstellen: Ein Tableau mit drei nummerierten Feldern, auf denen jeweils ein verdeckter Stapel mit 10 Karten liegt. Darunter Karten mit unterschiedlichen Gebäuden in vier verschiedenen Farben: Häuser, Industrie, Gewerbe und Spezialgebäude.
Im Kern ist Homesteaders ein Versteigerungsspiel. Jede Runde werden die obersten Karten der drei Stapel aufgedeckt und versteigert. Dabei ist immer eine Karte weniger im Angebot als Spieler teilnehmen. Reihum kann jeder Spieler zunächst genau ein Gebot auf eine der Karten abgeben und kommt erst und nur dann wieder an die Reihe, wenn er überboten wird. Wer aussteigt, geht aber auch nicht leer aus, sondern erhält Arbeiter, zusätzliches Einkommen oder eine kostenlose Ware.
Die aufgedeckten Karten zeigen jeweils nur eine Baugenehmigung für ein Gebäude in einer der vier Farben. Nur wer eine solche Baugenehmigung erwirbt, darf anschließend - gegen entsprechende Bezahlung - eines der ausliegenden Gebäude aus dieser Kategorie bauen.
Die Gebäude wiederum sind mehrheitlich alles Produktionsgebäude, die eine Kombination aus Geld (braucht man für die Versteigerungen), Waren (braucht man zum Bauen der Gebäude), Handelschips und Siegpunkte produzieren. Da wir uns allerdings im Wilden Westen befinden, produzieren die meisten Gebäude nicht automatisch, sondern brauchen wiederum Arbeiter, die auf ihnen eingesetzt werden. Je nach Gebäude können ein oder mehrere Arbeiter auf dem Gebäude ein oder mehrere Dinge produzieren.
Die Arbeiter erhält man teilweise zusammen mit Baugenehmigungen, oder man kann sie kaufen. Kaufen ist allerdings auch so eine Sache in dem Spiel, denn dafür braucht man die Handelschips. Ein solcher Chip erlaubt einen Warenhandel, also einmal eine Ware zu kaufen, zu verkaufen oder zu tauschen. Um eine Ware zu verkaufen und dann mit dem Geld eine andere Ware zu kaufen, brauche ich also schon zwei Chips.
Nach nur zehn Versteigerungsrunden endet das Spiel bereits und es geht ans Siegpunktezählen. Punkte für Gebäude, Bonuspunkte, plus die Punkte, die man im Spiel sammeln konnte, machen den Sieger aus.
Fazit
Homesteaders ist nichts bahnbrechend Neues, und doch fühlt es sich ungewohnt an. Mein Gefühl sagt: Homesteaders fasst das Thema Workerplacement von einer etwas anderen Seite her an. Das Einsetzen der Arbeiter und die Ertragsbestimmung ist nur eine kurze Phase jeweils am Anfang der Runde, die von allen Spielern gleichzeitig absolviert wird.
Der Kern des Spiels sind die Versteigerungen und damit verbunden das Management der eigenen Ressourcen. Ein sehr spannendes Element dabei ist, dass bei der Versteigerung das eigentliche Objekt der Begierde noch gar nicht gekauft wird. Das ist in etwa so, als würden in der Fußgängerzone Eintrittskarten für verschiedene Geschäfte verkauft. H & M oder C & A? Mal sehen, wo man heute billig reinkommt. Was man genau kaufen will, spielt noch gar keine Rolle. Dies sorgt für hohen Konkurrenzdruck trotz unterschiedlicher Interessen.
Im Spiel ergeben sich daraus gleich mehrere Entscheidungszwänge: Zum einen ist Bauen doppelt teuer, da nach dem Preis für die erfolgreiche Auktion auch noch die Baukosten auf einen zukommen. Je nach Farbe der Baugenehmigung dürfen nur bestimmte Gebäude gebaut werden, und dazu muss man wiederum die passenden Ressourcen haben. (billig zu H & M gekommen, und dann keine passende Bluse mehr da). Und schließlich werden die Baugenehmigungen noch der Reihe nach abgehandelt. Wenn also zwei gleiche Baugenehmigungen versteigert werden, kann die erste davon wertvoll sein, die zweite aber wertlos, wenn der falsche Mitspieler die erste erwirbt.
Da dieses Dilemma allein aber doch noch etwas zu wenig wäre, hat der Autor noch die Krux mit den Ressourcen dazu entwickelt. Sechs verschiedene Ressourcen plus Geld, Arbeiter und Handelschips gilt es zu verwalten. Die Schwierigkeit hier besteht darin, entweder zu versuchen, die richtigen Ressourcen selbst zu produzieren, oder genügend Handelschips zu produzieren, damit man seine Waren in andere Waren oder Geld wechseln kann. Geld ist wie so oft die vielleicht wichtigste Ressource im Spiel, da man es nicht nur für die Versteigerungen braucht, sondern auch zum Bezahlen der Arbeiter, welche die Waren produzieren.
Wir sehen also, Verzweigungen und Dilemma-Entscheidungen gibt es reichlich in diesem Spiel, und an der Stelle setzt nun ein klein wenig meine Kritik an: Das Warensystem mit den sechs unterschiedlichen Warensorten kommt mir recht aufgeblasen und vorsätzlich umständlich vor. Als Spieler treffe ich irgendwann im Spiel die Entscheidung für meist nur vier dieser Waren; danach baue ich nur noch, was damit möglich ist. Die Gebäudeauswahl ist groß genug. Eine richtige Hierarchie zwischen den Waren gibt es nicht.
Am meisten fällt mir dabei auf, dass das auftretende Dilemma immer das gleiche ist: Beim Versteigern mangelt es am Geld, beim Bauen an Ressourcen und zum Wechseln an den Handelschips. Um es anders auszudrücken: Es fehlt mir eigentlich überall Geld, es heißt nur jedes Mal anders. Das macht das Spiel für meinen Geschmack auf Dauer etwas eintönig, auch wenn es sich sonst sehr schön und auch kommunikativ spielt. In den meist 4-Spieler-Runden, die wir gespielt haben, waren die 90 Minuten immer schnell vorbei, und dank hoher Interaktion beim Versteigern bleiben alle Spieler voll involviert.
Das Material ist ebenfalls sehr schön, dicker Karton und alle Ressourcen mit passenden, kleinen Holzsteinchen, das macht schon Spaß. Einzig die Iconografie auf den Karten ist nicht in jedem Fall selbsterklärend, und da auf einigen Karten recht viele Informationen untergebracht werden mussten, sind diese recht klein dargestellt, so dass sich gute Beleuchtung zum Spiel empfiehlt.
Die Regeln sind ebenfalls angenehm kurz und übersichtlich, Versteigerungen den meisten Spielern ja ohnehin geläufig, so dass der Einstieg nicht schwer fällt. Größtes Hindernis sind dabei der Überblick über die Ressourcen sowie der Umstand des Tauschens.
Alles in allem würde ich Homesteaders als solides Wirtschaftsspiel bezeichnen, das leicht aus dem üblichen Mittelmaß hinausragt. Somit sicher kein must have, aber wer die Gelegenheit hat, sollte es mal probieren. Insbesondere in den ersten Runden kam das Spiel häufig sehr gut an. Der Wiederspielreiz nimmt jedoch leider relativ schnell wieder deutlich ab, dafür fehlt dem Spiel leider das Besondere oder Innovative.
Rezension Michael Timpe
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.