Spielziel
Die Spieler repräsentieren einen steinzeitlichen Stammesverband. Dazu setzen sie verschiedene Charaktere ein, um ihre Stammesmitglieder an verschiedene Orte zu schicken. So besorgen sie zum Beispiel in der Wildnis Rohstoffe, mit denen sie wiederum Gegenstände erzeugen. In Jagdgebieten wird dagegen Beute gemacht, um Nahrung für die Clanmitglieder und Felle für den Nachwuchs zu beschaffen.
Ablauf
Zu Beginn des Spiels erhält jeder einige Charakterkarten sowie zwei verdeckte Gegenstandskarten auf die Hand. Außerdem sind die beiden Startfiguren hungrig, was durch Hungerplättchen dargestellt wird.
Die Auslage zeigt anfangs zwei Wildniskarten. Im Laufe des Spiels werden es mehr Karten und außerdem kommen nach und nach auch noch Jagdgebiete dazu. Wer an der Reihe ist, darf aus drei Aktionsmöglichkeiten wählen:
Charakterkarte ausspielen:
Der Spieler wählt eine seiner Charakterkarten aus und führt die darauf angegebenen Anweisungen aus. Damit darf er entweder Stammesmitglieder auf Wildnis-, Jagdgebietskarten oder Heilige Orte setzen oder Gegenstände ziehen. Manche Karten bewirken auch, dass neue Jagdgebiets- oder Wildniskarten aufgedeckt werden. Dabei ist zu beachten, dass sich auf jedem "normalen" Ort maximal drei Stammesmitglieder befinden dürfen. Am Ende seines Zuges legt der Spieler die benutzte Karte in die dreireihige offene Auslage der Charakterkarten, und zwar in die Reihe mit den wenigsten Karten.
Stammesmitglieder zurücknehmen:
Der Spieler nimmt beliebig viele seiner eingesetzten Stammesmitglieder zurück auf seine Stammeskarte. Dadurch erhält er Rohstoffe, mit denen er wiederum Gegenstände erschaffen, Hungerplättchen abgeben oder sich Siegpunkte bzw. neue Stammesmitglieder holen kann. Erhaltene Rohstoffe werden mit einem Verbrauchsstein auf der Karte abgedeckt – gibt es danach kein freies Feld mehr, kommt die Karte aus dem Spiel. Erschaffene Gegenstände bringen Siegpunkte. Zusätzlich erhält man entweder neue Gegenstandskarten, darf ein Hungerplättchen abgeben (manchmal muss man sogar eines nehmen) oder ein Stammesmitglied einsetzen.
Sonnenuntergang durchführen:
Entscheidet sich ein Spieler für den Sonnenuntergang, führt er gleichzeitig auch eine Zwischenwertung durch. Für jedes Stammesmitglied in seinem Besitz erhält er einen Siegpunkt, muss aber gleichzeitig Siegpunkte abziehen, wenn er noch Charakterkarten auf der Hand hält oder Hungerplättchen besitzt. Die Punkte werden auf der Siegpunktleiste abgetragen. Überschreitet man dabei ein Bonusfeld und besitzt zwei Gegenstände, so kann man diese abgeben und bekommt dafür einen zusätzlichen Punkt. Anschließend erhält der Spieler für jedes Stammesmitglied ein Hungerplättchen und nimmt sich fünf bis sieben Charakterkarten aus der Auslage, wobei er zwar zwischen allen Reihen wählen darf, aber immer nur die jeweils letzte Karte aus jeder Reihe nehmen darf.
Das Spiel endet, sobald ein Spieler mindestens 24 Siegpunkte hat. Zu beachten ist dabei, dass man die Ziellinie nur überschreiten darf, wenn man nicht mehr als drei Hungerplättchen besitzt. Anschließend wird die Runde noch zu Ende gespielt, und es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten.
Fazit
Jäger + Späher zeichnet sich durch schönes Spielmaterial aus. Vor allem die Karten sind sehr ansprechend illustriert.
Das Spiel hat einiges an Regeln aufzuweisen. Daher war die Entscheidung des Verlages sehr gut, es in eine Einsteiger- und Fortgeschrittenenvariante zu unterteilen. Zum Kennenlernen der Mechanismen eignet sich erstere wunderbar, und da man bei ihr auf der Siegpunktleiste bereits auf Feld 10 startet, ist diese erste Runde auch schnell gespielt. Für weniger geübte Regelleser stellt die Spielbeschreibung jedoch eine gewisse Hürde dar, denn nicht alles ist so übersichtlich und verständlich beschrieben, wie man sich das gewünscht hätte und einige Fragen bleiben auch offen. Das erste Spiel wird in jedem Fall nur dem Kennenlernen dienen, denn man braucht schon eine Weile, bis man die Möglichkeiten der einzelnen Charaktere überblickt und vor allem den richtigen Zeitpunkt erkennt, wann man diese am besten ausspielen sollte, dass sie möglichst viel einbringen.
Obwohl der Sieg durchaus von den richtigen Entscheidungen während des Spielablaufs abhängt, so weist Jäger + Späher auch einen gewissen Glücksanteil auf. Wenn beim Aufdecken von neuen Karten diese nicht zu den eigenen Plänen passen, sei es, weil man damit nicht die auf der Hand befindlichen Gegenstände schaffen oder kein Fleisch erjagen kann, dann muss man sich für Plan B entscheiden, auch wenn einen dieser nicht gleichermaßen weiterbringt wie die eigentliche Zielsetzung.
Auf der anderen Seite sorgt dieser Umstand auch für Abwechslung und Spannung im Spiel, weil man sich immer wieder auf neue, unvorhergesehene Gegebenheiten einstellen muss. Dadurch fühlt man sich tatsächlich in die Rolle der Jäger in früheren Zeiten versetzt, die ja auch nie genau wussten, was auf sie zukommt. Der Überlebenskampf damals war hart, und diese Tatsache prägt eben auch dem Spiel ihren Stempel auf.
Gut gefällt mir auch, dass Jäger + Späher sehr interaktiv ist. Zwar besitzen die Kontrahenten zu Spielbeginn dieselben Charakterkarten, aber jeder möchte andere Gegenstände erschaffen. Was der Gegner genau in der Hand hält, weiß man freilich nicht, aber trotzdem hat man oft genug die Gelegenheit, ihm in die Suppe zu spucken. Wenn er nämlich Figuren auf Wildniskarten sitzen hat und man selbst eine neue Karte aufdeckt, was immer mit dem Abdecken von bereits vorhandenen Feldern verbunden ist, so kann man sich ja für jene Rohstoffe entscheiden, von denen auf der jeweiligen Karte nur eines vorhanden ist oder von dem man am ehesten annimmt, dass es der Gegner braucht.
Auch beim Aufnehmen der Karten kann man versuchen, dem Gegner eins auszuwischen, indem man alle Karten einer Sorte nimmt, so dass der Mitspieler dann zum Beispiel keinen erfahrenen Jäger ausschicken kann, um ausreichend Nahrung für seinen Clan zu besorgen. Dabei besteht allerdings immer die Gefahr, dass man sich zu viele Karten auf die Hand nimmt und sich damit selbst andere lukrative Möglichkeiten verbaut, weil einem dafür andere Charaktere fehlen bzw. man den nächsten Sonnenuntergang mit der damit verbundenen Wertung erst spät durchführen kann – dies kann manchmal spielentscheidend sein.
Schön finde ich ebenfalls, dass das Spiel sehr abwechslungsreich ist. Dafür sorgt die ständig neue Zusammenstellung an Karten in den Bereichen Charakter, Gegenstände, Wildnis, Jagdgebiet und Heilige Orte. Für Letztere gilt übrigens, dass auf jeder Karte nur ein Spieler vertreten sein darf. Ist die Karte bereits von einer Figur besetzt, muss der Gegner zwei dort hinschicken, um diese zu vertreiben. Jedes weitere Vertreiben funktioniert nur mit dem Einsatz von jeweils einer Figur mehr. Auch die Varianten (Beschreibung siehe oben) bringen zusätzliche Anforderungen ins Spiel.
Es gibt verschiedene Vorgehensweisen, die zum Sieg führen. Die einen konzentrieren sich sehr auf die Erschaffung von Gegenständen, die anderen versuchen schnellstmöglich neue Clanmitglieder ins Spiel zu bringen. In diesem Fall muss man dafür sorgen, immer ausreichend Nahrung zu generieren, was der Gegner natürlich weiß und mit dem gezielten Wegnehmen der Jägerkarten für einigen Ärger sorgen kann, wohingegen man beim Erschaffen von Gegenständen stets spekulieren muss und daher nicht ganz so zielstrebig vorgehen kann.
Um zu gewinnen, muss man in diesem Spiel also versuchen, gemein zu sein. Das gefällt nicht jedem, zumal es ja immer dieselbe Person betrifft, die die erforderlichen Maßnahmen abbekommt. Auch für Gelegenheitsspieler dürfte die Regelhürde doch etwas zu hoch sein, um sich den Spielablauf alleine erarbeiten zu können. Vielspieler werden aber sicherlich ihre Freude an Jäger + Späher haben, das sich zweifellos in die Sammlung der besten Spiele aus der Kosmos 2er-Reihe einordnen lässt.
Rezension Sandra Lemberger
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Regelvarianten
Geübte Spieler können es auch mit der Überlebenskampf-Variante versuchen, die folgende Änderungen mit sich bringt:
- Überschreitet man ein Bonusfeld und kann keine zwei Gegenstände abgeben, erhält man ein Hungerplättchen.
- Auf den Jagdgebieten sind Rohstoffe teilweise mit einem kleinen Symbol versehen. Diese werden beim Aufdecken sofort mit Verbrauchssteinen abgedeckt und stehen den Spielern nicht zur Verfügung.