Spielziel
Versetzen wir uns zurück in die Antike. Große Bauwerke müssen vollbracht werden. Lasst uns die Ärmel hochkrempeln und zu Werke schreiten. Am besten geht dies mit vereinten Kräften - wer sich als Einzelgänger versucht, wird es nicht weit bringen! Das richtige Angebot zur rechten Zeit wird dafür sorgen, dass der beste Baumeister zum Schluss gewinnen wird!
Ablauf
Auf dem Spielplan finden sich die Bauplätze für die acht Weltwunder. Moment: War da gerade zu lesen "acht"? Richtig: Zusätzlich zu den bekannten sieben Weltwundern der Antike finden wir auch Pläne für den Turmbau zu Babel. Letztendlich fertigstellen werden wir Spieler jedoch nur maximal sieben dieser Weltwunder.
Für unser Werk stehen uns Baukarten in vier Sorten zur Verfügung: Bestimmte Bauabschnitte erfordern den Einsatz von Steinmetzen, bei anderen geht es nicht ohne Kran, ferner stehen Kamele und Schiffe bereit. Reihum dürfen sich die Spieler als Baumeister betätigen (wer auf das Bauen verzichtet, erhält dafür eine Extra-Karte vom Stapel): Der aktive Spieler darf sich eines der 24 Bauplättchen aussuchen, das die benötigten Ressourcen und deren Zahl (3 bis 6) anzeigt, z.B. "Kamel 4". Entsprechend werden nun 4 Baukarten mit Kamel benötigt. Alle Mitspieler sind nun herzlich eingeladen, mitzubauen - dazu entscheiden alle gleichzeitig, mit wie vielen ihrer Karten (im Beispiel: Kamele) sie sich beteiligen wollen.
Kommen mit Hilfe der Mitspieler oder aus eigener Kraft des Baumeisters genügend Baukarten zusammen, um die Bedingung des Plättchens zu erfüllen, darf jeder Spieler für jede eigene eingesetzte Karte eine Bauhütte einsetzen. Mitspieler, deren Angebot ausgeschlagen wurde, erhalten zum Trost einen Siegpunkt pro angebotener Karte, sowie ihre Karten zurück auf die Hand. Der Baumeister erhält ausserdem das Bauplättchen, das bei Spielende Sondersiegpunkte bringen kann. Die Bauplättchen sind daher durchaus begehrt, aber zum Glück kann man ein solches Plättchen auch während des Zuges eines anderen Spielers erlangen, indem man das eigene Angebot mit der Tauschkarte ergänzt: Nimmt der Baumeister dieses Angebot an, überlasst man diesem die gebotenen Karten für den Hüttenbau und erhält im Austausch dafür das Plättchen. Zum Schluss des Zuges dürfen alle Spieler eine Baukarte nachziehen.
Nun wird irgendwann der mit Spannung erwartete Moment kommen, in dem eines der Weltwunder durch erfolgreiches Abschliessen des dritten Bauabschnittes fertiggestellt wird. Nun findet als "Einweihung" eine Zwischenwertung statt, bei der es auf die Anzahl der Bauhütten ankommt: Der Spieler mit den meisten Bauhütten erhält die höchste Siegpunktzahl dieser Wertung (8 Punkte in der ersten Wertung, bis hin zu 20 Punkte in der siebten Wertung). Ein zweiter Platz (je nach Wertung zwischen 4 und 10 Punkten) wird ebenfalls vergeben, zusätzlich erhält jeder weitere Spieler, der sich mit mindestens einer Bauhütte beteiligt hat, 3 Siegpunkte. Der Baumeister, der den dritten Bauabschnitt eines Weltwunders beaufsichtigt und durchgeführt hat, erhält zur Belohnung eine Aktionskarte, die ihm etwa zusätzliche Siegpunkte oder die Möglichkeit etwa des Kartentauschs oder -nachziehens gibt.
Sobald von einer Sorte Bauplättchen das letzte verbaut wurde, endet das Spiel. Alle unvollendet gebliebenen Weltwunder (das ist immer mindestens eines) werden noch mit 10 bzw. 5 Siegpunkten für die fleissigsten, sowie 3 Siegpunkten für die weiteren Bauherren belohnt. Schliesslich werden die Bauplättchen ausgewertet: Wer 4/3/2/1 Bauplättchen einer Sorte besitzt, erhält hierfür 20/10/5/0 Siegpunkte. Wer so die meisten Siegpunkte erbauen konnte, gewinnt das Spiel.
Fazit
Im Zentrum des Geschehens befindet sich der Spielplan mit den acht Weltwundern. Dieser ist nicht sehr kontrastreich ausgestattet, so dass es zunächst nicht jedem leichtfällt, die Grenzen zwischen den Bauwerken zu sehen. Im Laufe des Spiels erweist sich die gewählte Aufteilung jedoch als gut, da man keine Probleme hat, die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Blick zu behalten. Etwas ärgerlich ist die textlose Symbolik der Aktionskarten. Hierfür muss man zumindest in den ersten Partien für das Verständnis einen Blick in die Spielregel werfen. Um die Spielerreihenfolge anzuzeigen, hat jeder Spieler eine Säule, die er zu seinem Zug auf einen Bauplatz setzt und das Bauplättchen auf diese legt. Das erleichtert zwar die Übersicht, ist aber im Prinzip überflüssig, da eh im Uhrzeigersinn gespielt wird. Das Material ist somit zweckmässig.
Das Spiel selbst gestaltet sich nach den ersten Zügen flüssig. Durch den Bietmechanismus sind ständig alle Spieler eingebunden, so dass keine Wartezeiten aufkommen. Auch insgesamt ist die Spieldauer mit zumeist unter 60 Minuten nicht wirklich lang.
In den ersten Runden werden meist zunächst die Bauplättchen verbaut, die 3 oder 4 Baukarten erfordern - da der aktive Spieler das Bauplättchen umsonst erhalten kann, ist die Motivation, ein Bauvorhaben durchzuführen, sehr hoch. Nur ungerne verzichtet man auf diese Möglichkeit, um durch Passen an einen besseren Kartennachschub zu kommen. Das wiederum führt dazu, dass man mit den eigenen Karten gut haushalten und diese gezielt einsetzen muss - nichts ist schlimmer, als mehrere Male nacheinander in einer Sparte (z.B. Kräne) aussetzen zu müssen, weil man alle Karten dieser Sorte ausgegeben hat und keine solchen mehr nachzieht.
Dies bringt uns zu einem potenziellen Frustfaktor bei dem Spiel: Das Nachziehglück. Zu Beginn wird man nur in seltenen Fällen alle vier verschiedenen Baukarten auf der Hand halten. Kommt es nun ungünstigerweise dazu, dass man von den fehlenden Sorten lange Zeit keine Karte erhält, ist man bei den entsprechenden Bauvorhaben schlicht nicht dabei! Ebenso kann es gehen, wenn man sich auf eine bestimmte Sorte an Bauplättchen spezialisieren wollte und partout keine passenden Karten mehr erhält. Im Verhältnis zur Spieldauer steht das Glückselement aber in einem tolerierbaren Verhältnis.
Seinen Spielreiz entfaltet Der Turmbau zu Babel durch die Gebote: Durch die Siegpunkte, die man selbst bei Ablehnung durch den Baumeister für die Karten aus dem eigenen Angebot erhält, werden sowohl der Baumeister als auch die Mitspieler mit interessanten Fragestellungen konfrontiert. Durch den Baumeister abgelehnte Karten bringen nicht nur Siegpunkte, sie werden auch zurück auf die Hand genommen und können später erneut punkten. Als Baumeister muss man aus dem selben Grund gut abwägen, welche Angebote man ausschlägt - Uneigennützigkeit kann man bei den lieben Mitspieler nunmal nicht erwarten! Ein weiterer Aspekt sind die Mehrheitsverhältnisse: Zu viele Karten sollte man tunlichst nicht ausgeben, da eine knappe Mehrheit natürlich am effektivsten ist - besonders bei den ersten Wertungen kann es besser sein, mit nur einer Bauhütte die 3 Punkte für jeden anwesenden Mit-Erbauer zu holen und die eigenen Karten in abgelehnten Angeboten mehrfach auf Siegpunktjagd schicken. Besonders bei letzterem bietet der Einsatz der Tauschkarte einige Möglichkeiten.
Richtig spannend wird es, wenn es um die Wertungen und damit um die Mehrheiten geht. Mit einem cleveren Kniff wird die Motivation, eine Wertung tatsächlich auszulösen, stark gesteigert: Der entsprechende Baumeister erhält eine Aktionskarte, die gut und gerne einige Sondersiegpunkte erzielen kann. Ohne dieses Element würde wohl jeder um die Vervollständigung der Bauwerke herumdrucksen, oder erst dann tätig werden, wenn der dritte Abschnitt eines Bauwerkes komplett durch eigene Karten fertiggestellt werden kann. Ein Wermutstropfen ist der stark unterschiedliche Wert dieser Aktionskarten, so dass auch hier ein gewisses Glückselement nicht zu verleugnen ist.
Am abwechslungsreichsten spielt sich Der Turmbau zu Babel mit der Vollbesetzung von fünf Spielern. Hier hat der jeweils amtierende Baumeister die größte Auswahl an Angeboten. Gleichzeitig bietet sich die Anwendung der Spielvariante an, bei der vier der Bauplättchen durch zweifarbige Plättchen ersetzt werden, die eine vorgegebene Kombination zweier Kartensorten verlangen. Da diese zweifarbigen Plättchen bei den Sondersiegpunkten am Spielende wahlweise der einen oder der anderen Sorte zugeschlagen werden können, erhöhen sie die Flexibilität beim Sammeln. Damit bleibt die Verteilung der Bauplättchen auch bei fünf Spielern bis zum Schluss spannend, obwohl insgesamt weniger Plättchen pro Spieler vergeben werden.
Der Turmbau zu Babel bietet insgesamt ein kurzweiliges Spielvergnügen, bei dem jede Partie anders verlaufen kann - dazu leistet auch die Bedingung für das Spielende ihren Beitrag (Bau des letzten Plättchens einer Sorte), die durchaus überraschend schnell erfüllt sein kann.
Rezension Kathrin Nos
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.