Spielziel
Die Spieler helfen beim Bau der Keythedral im Lande Keydom mit und versuchen, sich als Lohn für ihren Einsatz die besten Sitze im neuen Gotteshaus zu sichern.
Ablauf
Jeder Spieler hat fünf Arbeiterhütten zur Verfügung, aus denen Arbeiter auf die Felder geschickt werden können, um Holz, Steine, Wein, Nahrung und Wasser zu produzieren, die von jeweils unterschiedlichen, achteckigen Landschaftsfeldern stammen. In einer Startaufstellung werden die Landschaften und die Hütten ausgelegt. Dazu werden die Achtecke waagrecht und senkrecht aneinandergelegt, so dass die Hüttenplättchen in die zwischen den Achtecken entstehenden, quadratischen Lücken passen. Jede Hütte hat damit maximal vier benachbarte Landschaftsfelder.
Ab nun ist das Spiel rundenbasiert: Zu Beginn einer Runde werden die Arbeiter auf die Landschaften geschickt. Der Startspieler bestimmt, aus welcher der mit 1 bis 5 nummerierten Hütten jedes Spielers die ersten fleissigen Arbeiter kommen. Reihum setzt jeder Spieler einen Arbeiter in eine Landschaft ein, die an die Hütte mit der ausgewählten Nummer angrenzen. Reihum bestimmen die Spieler die nächste Hüttennummer, aus der die Arbeiter geströmt kommen und setzen entsprechende Figuren auf die Landschaften ein. Manchmal sieht ein Arbeiter aber auch, dass rund um seine Hütte nichts mehr zu tun ist, weil alle angrenzenden Landschaften besetzt sind - ein solcher Arbeiter setzt sich dann wieder in seine Hütte und dreht bis zum Rundenende Däumchen. Nach dem Einsetzen der Arbeiter wird sogleich der Lohn der Mühen eingefahren: Jeder Arbeiter der eigenen Farbe produziert einen Ressourcenstein entsprechend der Landschaftsart, auf der er sich befindet.
Nun geht es ans Ausgeben: Reihum darf jeder Spieler immer eine Aktion durchführen oder passen, bis nacheinander alle Spieler gepasst haben. So kann man für je einen Ressourcenstein Holz und Stein Hütten zu Häusern ausbauen, in denen zwei Arbeiter Platz haben, oder Mitspieler mittels dem Bau eines Zaunes von einer lukrativen Landschaft fernhalten, oder einen von einem unliebsamen Mitspieler zum selben Zweck errichteten Zaun wieder abreissen, oder in die Stadt gehen.
In der Stadt kann man zunächst beim Händler zwei Ressourcensteine gegen einen beliebigen anderen eintauschen. Ferner kann man Produkte erwerben, indem man z.B. für zwei beliebige Ressourcensteine eine Kunstschmiedearbeit kauft. Für drei Ressourcensteine erhält man buntes Glas für die Kathedralenfenster, für vier Ressourcen wertvolles Gold. Im Rathaus schliesslich kann man für einen kleinen Tribut von einem Ressourcenstein die einmalige Änderung eines Gesetzes erwirken, indem man eine von zwei pro Runde angebotenen, verdeckten Gesetzeskarten ersteht, die man im späteren Spiel zu seinem Vorteil einsetzen kann.
Schliesslich jedoch kann man Ressourcen, und in späteren Bauabschnitten auch Produkte, in den Kathedralenbau stecken, um einen siegpunktbringenden Ehrensitz zu erhalten. Zunächst werden für die frühen Bauabschnitte die Plätze in den hinteren Reihen vergeben, für die man jeweils zwei bestimmte Ressourcen bezahlen muss. Die Ausbeute ist (ausser dem repräsentativen Charakter eines solchen Sitzes natürlich) 4 Siegpunkte. Sind alle Plätze dieser Kategorie vergeben, kann zum Kauf der nächsten Reihe geschritten werden - die Anforderungen an Ressourcen/Produkten steigen mit jedem Bauabschnitt und werden immer erst aufgedeckt, sobald auf diese Weise ein Bauabschnitt fertiggestellt wurde.
Haben alle Spieler nacheinander gepasst, wird durch eine Versteigerung, in der jeder Spieler genau ein Gebot von Ressourcensteinen abgeben kann, der Spieler bestimmt, der den neuen Startspieler aussuchen darf. Dieser beginnt die neue Runde wieder mit der Entsendung der Arbeiter.
Sobald alle Bauabschnitte der Keythedral fertiggestellt sind, endet das Spiel. Jeder Sitz bringt zwischen 4 und 12 Siegpunkten ein, jede Ressource 1 Siegpunkt. Die Produkte sind ihrem Anschaffungswert entsprechend nochmal zwischen 2 und 4 Siegpunkten wert. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten ist der beste Baumeister und gewinnt das Spiel.
Fazit
Keythedral kommt in einer wunderschönen Ausstattung auf den Spieletisch: Die Grafik ist bis ins letzte Detail ausgeprägt und weder unter den Landschaftsfeldern noch unter den Arbeiterplättchen gleicht eines dem anderen. Als einzigen Kritikpunkt könnte man anbringen, dass die achteckigen Landschaftsfelder mit den Arbeiterhütten, die in den quadratischen Lücken eingesetzt werden, nicht vollständig abschliessen - zwischen zwei Landschaften kann schonmal ein kleiner Abstand entstehen.
Die Spielregel ist sehr ausführlich geschrieben, vollständig und verständlich. Leider ist die Struktur aber nicht sehr übersichtlich, wenn es darum geht, bestimmte Regeldetails nachzuschlagen. Beim Regelerklären und während des Spieles selbst sind jedoch die Übersichtskarten, die es für jeden Spieler gibt, sehr hilfreich. Das Regelheft sollte dennoch griffbereit sein, da die Gesetzestexte häufig zum Nachschlagen führen (und da diese Karten verdeckt auf ihren Einsatz warten, möchte man wohl kaum öffentlich in der Runde über die Bedeutung der gerade erstandenen Karte diskutieren).
Das Spiel selbst beginnt mit dem Aufbau der Landschaft und dem Einsetzen der Arbeiterhütten. Diese erste Phase kann durchaus etwas dauern - und zwar zurecht, denn das richtige Anlegen und Platzieren von Landschaften und Hütten ist für das gesamte Spiel sehr wichtig, kann aber nicht mehr nachträglich geändert werden! Leider kann dies zu einiger Frustration führen, wenn ein Spieler schon in der ersten Runde merkt, dass er eine ungünstige Startposition gewählt und den Rest des Spieles unter dieser zu leiden hat. Die in der Regel angegebenen Hinweise zum Einsetzen schildern richtige und wichtige Kriterien und sollten allen Spielern zu Beginn bekanntgegeben werden.
In jeder Runde des Spiels gibt es viele Entscheidungen zu treffen. Zunächst gilt es immer abzuschätzen, welche Hüttennummer man als nächstes zum Lossenden der Arbeiter auswählt. Dieser Mechanismus lässt einiges an Interaktion zu, und auch Allianzen gegen vermeintlich mächtigere Spieler sind z.T. möglich, indem deren Hütten blockiert und deren Arbeiter zum Müssiggang gezwungen werden. Diese Phase ist dadurch aber auch etwas grübellastig, da man die nachfolgenden Möglichkeiten im Auge behalten muss.
Das Ausgeben der Ressourcen- und Produktsteine in der Aktionsphase geht wiederum meist ziemlich flott vonstatten. Auch hier gibt es einiges abzuwägen, und man ist die gesamte Phase über involviert. Soll ich schon einen Produktstein kaufen, obwohl ich noch gar nicht weiss, welche Anforderungen in den höheren Reihen gestellt werden - dafür kann ich dann nach dem Umdrehen einer neuen Reihe besonders schnell reagieren und einen Sitz erstehen? Ist es sinnvoll, Ressourcen auszugeben, um Zäune einzusetzen oder zu entfernen (besonders teuer!)? Wann soll ich eine der beiden Gesetzeskarten kaufen - immerhin darf ich danach in dieser Phase nur noch passen und muss einen Ressourcenstein ausgeben?
Die verdeckt vergebenen Gesetzeskarten sind sehr unterschiedlich in ihrer Wirkung und können den Spielablauf stark beeinflussen. Das Glückselement beim Kauf ist also nicht zu unterschätzen und wird von einigen Spielern als zu heftig empfunden.
Besonders zu erwähnen ist auch der originelle Mechanismus zur Bestimmung des Startspielers: Der Spieler links vom scheidenden Startspieler erhält zunächst den Startspielerstein, und gibt das letzte Gebot in der Versteigerung ab. Dabei muss er als Einziger das Höchstgebot nicht überbieten, sondern braucht es lediglich zu halten. Wer nun neuer Startspieler wird, wird durch den Gewinner der Versteigerung bestimmt - nicht immer nimmt man sich in diesem Fall selbst den Startspielerstein!
Keythedral ist damit insgesamt ein recht komplexes Spiel mit vielen interessanten Ideen, die sich zu einem anspruchsvollen Ganzen zusammenfügen.
Vergleich mit der Ausgabe von R&D Games:
Die Neuauflage von ProLudo unterscheidet sich nur in der Siegpunktvergabe von der Erstauflage, die 2002 bei R&D Games (dem Eigenverlag des Autors Richard Breese) auf der Essener Spiel '02 erschienen ist und schon am ersten Tag der Messe ausverkauft war. Die Grafik hingegen wurde vollständig beibehalten.
In der R&D Ausgabe erhält man für die Sitze in der Kathedrale zwischen 1 und 5 Siegpunkten, bei gleichen Kosten für Ressourcen bzw. Produkte. Keine Siegpunkte hingegen werden vergeben, wenn man zum Schluss noch Ressourcen bzw. Produkte übrig behalten hat - diese werden nur im Falle eines Unentschieden zur Bestimmung des Siegers herangezogen. Ferner werden insgesamt nur 17 Sitze in 5 Reihen in der Keythedral gebaut und damit 46 Siegpunkte vergeben - in der Neuauflage von ProLudo wird die Partie um diese 17 Sitze als Kurzversion bezeichnet. Normalerweise wird nach der ProLudo-Regel pro Reihe ein Sitz mehr angeboten, so dass die Spieler in einer vollen Partie um 22 Sitze, das entspricht 166 Siegpunkten, wetteifern.
Rezension Kathrin Nos
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.