Spielerei-Rezension
Kung Fu oder Karate waren gestern, heute kämpfen wir magisch. Tash-Kalar heißt die von Autor Vlaada Chvátil erfundene Kampfkunst und Die Arena von Tash-Kalar heißt auch die Kampfstätte, die als Spielbrett auf dem Tisch liegt. Wir Spieler müssen uns glücklicherweise nicht in schweißtreibenden und gefährlichen Schlachten bemühen. Dazu haben wir 17 Rekruten (Pappscheiben unserer Farbe, auch Steine genannt), die wir zu Helden aufwerten können (Pappscheibe umdrehen) und wir besitzen drei Legenden (ebenfalls Pappscheiben unserer Farbe) für geübte Kämpfer.
Jetzt müssen sich die Spieler noch über die Kampfform einigen – strategisches Positionsspiel oder Vernichtungsspiel. Zur besseren Orientierung sind beide Arenen in Raster in 69 Quadrate aufgeteilt und einige Felder farbig markiert. Dann nimmt sich jeder vom privaten Stapel, pardon, aus den eigenen Schulen voller „Wesen“, drei Karten auf die Hand. Zusätzlich wird jeder mit einer Leuchtfeuer-Karte ausgerüstet.
Für die ersten Spiele empfiehlt der Autor, die nördliche und südliche Schulen zu verwenden, sie sich nur durch die Farbe unterscheiden. Die Wesen sind gleich, tauchen aber in zufälliger Reihenfolge beim Nachziehen der Handkarten aus ihren Schulen auf. Für Fortgeschrittene können, für mehr als zwei Spieler müssen, auch die anderen Schulen verwendet werden und es entsteht ein asymmetrisches Spiel.
Die Aktionsmöglichkeiten sind kurz und einfach. Zwei in beliebiger Kombination gibt es pro Zug: entweder einen neuen Rekruten auf ein freies Feld der Arena setzen oder ein Wesen beschwören.
So ganz einfach ist es dann doch nicht, da Wesen nur auftauchen, wenn die zugehörigen Rekruten in einer auf der Karte vorgegebenen Formation in der Arena liegen. Dann können sie aus der Kartenhand des Spielers beschworen werden, genau auf dem Platz der auf der Karte markiert ist. Auch ihr Rang ist auf der Karte angegeben: Rekrut oder Held. Für Fortgeschrittene kann es auch eine Legende sein, ein überaus mächtiger Held aus einer allgemein zugänglichen, aber geheimen Schule. Und schon hofft der Herr dieser Aktion auf ein wildes Abschlachten gegnerischer Steine. Damit beginnt das neue Wesen sofort, falls ein gleich- oder geringerwertiger Stein auf dem Platz seiner Beschwörung liegt. Danach tritt ein so genannter Effekt ein, im Text der Karte relativ eindeutig beschrieben. Auch hier hofft der Herr dieses Wesens darauf, möglichst wild in den gegnerischen Reihen wüten zu können. Angenehm sind Aufwertungen eigener Rekruten, denn die sind nicht mehr so leicht vom Gegner zu vernichten. Und gerne lässt man seine Mannen in der Arena loslaufen und dabei Gegner rauskicken. Nur durch Karteneffekte können Bewegungen ausgelöst werden. Ansonsten gilt, was liegt, das liegt und verlässt nur bei Vernichtung die Arena.
Und wer seine Fantasie jetzt schon mal angestrengt hat und auf das Bild der Arena schaut, dem wird klar: Das Thema gehört zwar ins Reich der Mach-das-Monster-platt-Spiele. Aber das Spielgefühl erinnert eher an Go und andere topografische Spiele wie Rosenkönig (Kosmos, 1999). Kein Würfelglück beeinflusst die Kämpfe, nur Kartenglück, wenn das rechte Wesen zur rechten Zeit am rechten Ort ist, nämlich auf der Hand des Spielers. Leider haut der Gegner mit Freude eine sorgsam vorbereitete Formation weg, einfach weil er es gerade kann. Oder ist er doch mit dem berüchtigten Röntgen-Blick in die Kartenhand ausgestattet? Eigentlich sind die Handkarten geheim und der Gegner weiß nicht, welche Rekruten bzw. Helden gerade für das nächste Wesen benötigt werden. Ausnahme: die letzten Karten, falls jemand sich die ausgespielten gemerkt hat..
Was öffentlich ist, das sind die Ziele des erhabenen Spiels. Da werden Siegpunkte erzielt, sobald bestimmte Formationen erreicht werden (z. B. ein gegnerischer Stein ist von mindestens 6 eigenen Steinen umgeben) oder bestimmte Effekte auftreten (z. B. drei gegnerische Steine in dieser Runde zerstört). Beim Vernichtungsspiel gibt es Punkte für zerstörte gegnerische Steine. Mit dem Erreichen einer vorgegebenen Punktzahl endet das Spiel, oder wenn ein Spieler die letzte Karte vom Stapel gezogen hat.
Gelegentlich kommt es vor, dass ein Spieler entsetzt zusehen muss, wie der Gegner übelst in seinen Reihen wütet. Doch dieses Entsetzten kann sich in Wohlgefallen wandeln. Dazu gibt es die Leuchtfeuer-Karten. Bei erheblichem Vorteil eines Spielers gibt es ein bis zwei Bonusaktionen für den Unterlegenen. Treffen beide Bedingungen der Karte zu, dürfen auch beide Bonusaktionen genutzt werden, wodurch das Blatt sich schnell wenden kann – denn jetzt folgen noch die beiden eigentlichen Aktionen, und mit Kartenglück und geschicktem Einsatz, kann nun ein mächtiger Gegenschlag erfolgen.
Um an Die Arena von Tash-Kalar Freude zu haben, darf man sich nicht an dem heftigen Zufallsfaktor stören. Auch wenn man beim eigenen Spielzug tüfteln und überlegen muss, in welcher Reihenfolge welche Aktion sinnvoll ist – in aller Unschuld kann der Gegner alle Pläne zunichte machen. Ein wenig wird der Zufall ausgeglichen durch die Möglichkeit, ein Mal pro Spielzug unpassende Karten auszutauschen. Und besondere Herausforderung bietet das Spiel für zwei Zweierteams. Es ist wohl eher ein Männer-Spiel, da deren Gehirn angeblich nicht nur für das Einparken besser geeignet ist, sondern auch beim Erkennen von Formationen. Trotzdem waren nicht alle männliche Mitspieler begeistert, und auch Frauen fanden die Kämpfe von Die Arena von Tash-Kalar schick. Von langer Hand vorbereitete Geniestreiche funktionieren meistens nicht, dazu ist der Einfluss des Zufalls zu groß. Der Spielspaß kann hoch sein, der Frustfaktor aber auch. Daher fasse ich zwei Noten zugunsten des Spielspaßes zusammen: Eine glatte 2 für reinen Spielspaß und eine 3- aufgrund des geringen Einflusses auf den Spielverlauf - diese beiden Noten spiegeln das sehr unterschiedliche Echo auf das Spiel wieder.
Rezension Lotte Schüler
In Kooperation mit der Spielezeitschrift