Spielziel
Im Schottland des 19. Jahrhunderts versuchen diverse Clans, auf einer gemeinsamen Landkarte Waren zu produzieren und zu veredeln, die dann am Markt verkauft oder exportiert werden können, um Aufträge zu erfüllen. Ein strategisches Aufbauspiel für 1 - 4 Spieler.
Ablauf
Vor dem Spiel werden n+1 Clans gezogen und mit Plättchen, die Start-Ressourcen entsprechen, versehen, wobei n der Anzahl der Spieler entspricht. Für jede der 5 Spielrunden wird ein Wertungsplättchen zufällig ausgewählt, das am Ende der jeweiligen Runde Punkte für Waren, ausgeführte Upgrades oder die Anzahl eigener Arbeiter oder Produktionsstätten einbringt. Zusätzlich erhält jeder Spieler 55 Münzen Startkapital. Der letzte Spieler sucht sich zuerst einen Clan aus, die anderen Spieler folgen in umgekehrter Spielerreihenfolge. Dann platziert jeder zwei Arbeiter auf dem Spielplan – der Startspieler setzt dabei den ersten und den letzten Arbeiter.
Der Spielplan besteht aus Hexfeldern, die Gras, Wald, Gebirge, See oder eine Kombination dieser Landschaften zeigen. Die Landschaften bestimmen, welche Gebäude man setzen darf: Arbeiter dürfen nur im Wald oder im Gebirge stehen. Holzfäller sind zwar billiger als Bergarbeiter, bringen dafür aber auch weniger Einkommen pro Runde. Produktionsstätten für Milch, Wolle, Getreide, Käse (wird aus Milch gewonnen), Brot oder Whisky (werden beide aus Getreide gewonnen) können nur auf Gras gebaut werden, und Wasser ist – ausgenommen für bestimmte Clans – unbebaubar. Zeigt ein Hexfeld z. B. Wald und Gras, darf man eine Produktionsstätte oder einen Holzfäller einsetzen. Der Bau eines Gebäudes kostet neben den eigentlichen Kosten zusätzliche Terrainkosten, die je nach Feld schwanken.
Wer am Zug ist, führt eine einzelne Aktion aus, dann geht es weiter in Spielerreihenfolge, bis alle Spieler gepasst haben. Als Aktionen stehen zur Verfügung:
- Bauen eines neuen Gebäudes. Diese müssen angrenzend an die eigenen Gebäude liegen oder per Schifffahrt (s. u.) erreichbar sein. Baut man neben einem Produktionsgebäude eines Gegners, so kann man die dort produzierte Ware vom Markt (s. u.) erwerben und erhält die Ware auch noch vergünstigt.
- Waren am Markt kaufen oder verkaufen. Für jede ge- oder verkaufte Ware setzt man einen Händler (die meisten Clans starten mit zweien) auf das Tableau, der Preis der Ware wird dann entsprechend angepasst. In derselben Runde darf dieselbe Ware nicht ge- und verkauft werden.
- Zusätzlichen Händler kaufen, Einkommen durch Arbeiter erhöhen oder Schifffahrt verbessern. Schifffahrt erlaubt es, eine bestimmte Anzahl Wasserfelder zu überspringen.
- Ein Auftragsplättchen nehmen oder erfüllen. In Runde 1 erhält man 5 Geld dafür, einen Auftrag anzunehmen, pro Runde erhöht sich der Preis aber um 5 Geld – in Runde 5 zahlt man also 15 Münzen dafür, einen Auftrag zu nehmen! Um einen Auftrag zu erfüllen, muss man bestimmte Waren abgeben. Dafür gibt es Geld, Siegpunkte am Spielende, günstigere Upgrades, oder einer der Importwarenmarker (Tabak, Zuckerrohr, Baumwolle) wandert auf der Punkteleiste nach vorn. Für die Importwaren gibt es am Spielende zusätzliche Siegpunkte. Erfordert ein Auftrag Fleisch, muss man ein Schaf oder eine Kuh vom Plan nehmen, dadurch können Hexfelder auch wieder frei werden. Jeder Spieler kann nur einen aktiven Auftrag haben.
- Passen. Je früher man passt, desto mehr Geld bekommt man und desto früher ist man in der Spielerreihenfolge in der nächsten Runde an der Reihe.
In den vier Ecken des Plans befinden sich Häfen, die zusätzlich zur eigenen Aktion benutzt werden können und z. B. die Preise am Markt manipulieren. Jeder Hafen kann von jedem Spieler einmal pro Partie genutzt werden.
Am Ende einer Runde werden Waren produziert und Einkommen generiert. Die veredelten Waren Käse, Brot und Whisky kann man nur produzieren, wenn man das entsprechende Produktionsgebäude und eine passende einfache Ware besitzt. Ob die Milch bzw. das Getreide vom Markt, aus dem Vorrat oder aus einer eigenen Produktionsstätte kommt, ist dabei unerheblich.
Am Spielende gibt es eine Wertung für die auf den Aufträgen gesammelten Importwaren. Die insgesamt am häufigsten importierte Ware ist 3 Punkte wert, die seltenste 5. Außerdem gibt es noch eine Schlusswertung für die meisten zusammenhängenden Farmen. Eine Farm ist eine Ansammlung von Gebäuden, die durch Wasser voneinander getrennt sind, und Farmen sind zusammenhängend, wenn sie per eigenem Schifffahrts-Wert erreichbar sind. Überschüssige Waren bringen ebenfalls noch einige Siegpunkte.
Fazit
Auf den ersten Blick scheint Clans of Caledonia ein typisches Aufbauspiel mit Produktionsketten, verschiedenen Waren und Aufträgen zu sein. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn das Spiel verfügt auch über eine simple, aber gut funktionierende wirtschaftliche Komponente. Waren am Markt zu kaufen ist oft deutlich günstiger als ein Produktionsgebäude zu errichten, so dass es nicht unbedingt die beste Strategie ist, sich auf Teufel komm raus auf dem Spielplan auszubreiten. Geld ist nämlich ausgesprochen knapp, und selbst die zunächst angesichts eines Startgeldes von 55 Münzen so harmlos aussehenden Terrainkosten von 1 - 6 Münzen summieren sich sehr schnell. Da ist es entscheidend, den Markt gut zu beobachten.
Der größte Teil der Siegpunkte wird über die erfüllten Aufträge generiert, und insbesondere die Importwaren wollen sehr genau beobachtet werden. Sobald absehbar ist, welche Waren besonders selten importiert werden, überlegt man sich sehr genau, ob man die entsprechenden Aufträge priorisieren soll oder ob man doch lieber bei denen bleibt, die man vermeintlich leichter erfüllen kann. Bei den Bonuspunkten am Ende der einzelnen Runden achtet man schnell auf Synergien und sucht bei Spielbeginn danach, welche Clans zu den Vorgaben passen.
Interessante strategische und taktische Optionen ergeben sich aus der Positionierung auf dem Spielplan. Man möchte hier neben seinen Gegnern bauen, um günstig deren Waren abzugreifen, aber dabei spielt das Timing eine große Rolle – hat man das Geld und die Händler, um die Waren überhaupt zu kaufen? Ist eine andere Aktion gerade wichtiger, bevor mein Gegner sie mir wegschnappt? Warte ich noch ein wenig mit dem Ausbreiten, bis mein Gegner mir etwas nähergekommen ist, oder riskiere ich dadurch, abgeschnitten zu werden und keine Chance mehr auf die Farmwertung am Schluss zu haben?
In Clans of Caledonia muss man mit einer ganzen Menge Elemente jonglieren – man muss Produktionsketten aufbauen, den Markt im Blick haben, die ausliegenden Aufträge beobachten und aufpassen, dass man sich auf dem Spielplan in günstige Positionen bringt. Hier die richtige Balance zu finden, ist nicht einfach und braucht ein paar Partien. Mit steigender Erfahrung bemerkt man auch die Subtilitäten der Spielerinteraktion. Oft kann man antizipieren, welche Aufträge oder Upgrades für die Mitspieler besonders interessant sind oder welche Waren sie kaufen oder verkaufen werden und entsprechend reagieren. Da insbesondere das Geld immer knapp kalkuliert ist, kann es sich lohnen, die Güter zu produzieren, die die Mitspieler besonders oft am Markt einkaufen werden, um von den dann höheren Marktpreisen zu profitieren.
Dank des modularen Spielfelds, der zufällig ausgewählten Rundenwertungen und Häfen und insbesondere der einzigartigen Clanfähigkeiten ist der Wiederspielreiz hoch. So kann der Clan Buchanan beispielsweise zwei aktive Aufträge haben und auch mit einer einzigen Aktion zwei Aufträge nehmen, aber nur einmal bezahlen. Clan Stewart startet mit zusätzlichen Händlern und bekommt einen Rabatt auf sämtliche Marktaktivitäten, Clan MacDonald darf seine Arbeiter auch auf Seen setzen und diese noch bewegen, um sich früh im Spiel geschickt auszubreiten und später die Anzahl seiner Farmen zu manipulieren. Das Spielgefühl der einzelnen Clans ist dabei sehr unterschiedlich.
Optisch gibt es nichts zu beanstanden: Das charakteristische Artwork vom renommierten Klemens Franz ist sowohl funktional als auch hübsch, und für Waren und Produktionsstätten bekommt man neben Schafen und Kühen auch kleine Milchflaschen, Brot- und Käselaibe sowie Whiskyfässer aus Holz. Die Spielerhilfen mit den Aktionsübersichten sind groß und luxuriös, lediglich die Spielertableaus hätten vielleicht ein wenig größer ausfallen können.
Für zwei Spieler wird der Spielplan etwas kleiner, außerdem wird die Schlusswertung leicht angepasst. Zudem gibt es eine Option für Solospieler, in der die Felder mit den günstigsten Terrainkosten zu Spielbeginn bereits belegt sind. Am Ende der Runde werden dann mittels eines Würfels die Marktpreise leicht angepasst; Ziel ist es, möglichst viele Punkte zu machen.
Letzten Endes fühlt sich Clans of Caledonia ein bisschen wie ein „Best of Eurogame“ an: Den Spielplan mit den Hexfeldern und überbrückbaren Wasserfeldern sowie den Anreiz, neben den Gegnern zu bauen, kennt man aus Terra Mystica, den Markt aus Navegador, die Clans mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und die Aufträge erinnern an Marco Polo, das Agrarthema und die Optik an Agricola. Neben dem Aufbaugefühl mit mehreren, veredelbaren Waren und der Expansion auf dem Spielfeld gefallen mir vor allem die sehr abwechslungsreichen und gut ausbalancierten Clanfähigkeiten sowie die subtile, aber relevante Interaktion zwischen den Spielern.
Clans of Caledonia ist sicher keine Revolution, aber sehr gute Handwerkskunst. Wer gern seine Einnahmen und seine Produktion verschiedenster Waren optimiert, die Züge der Gegner antizipiert, Märkte beobachtet und auf sie reagiert sowie Fraktionen mit einzigartigen Fähigkeiten schätzt, der sollte sich das Spiel unbedingt einmal ansehen.
Rezension Henning Knoff
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.