Spielziel
Palais Royal – ein königlicher Palast lädt ein, zu flanieren, Goldmünzen herzustellen, schöne Frauen zu hofieren und „Mitarbeiter“ anzuwerben. Also macht das Tor auf zu diesem Erlebnis - und nicht vergessen: Achtet auf den Kardinal!
Ablauf
Der Spielplan besteht aus zwei Bereichen: Dem Schlosspark, auf dem 36 der 42 Adeligenplättchen beliebig verteilt werden, und den Räumen des Schlosses, in dem die Spieler all das erhalten, was sie für den Erwerb der Adeligen im Park brauchen. Denn es geht darum, möglichst viele und sinnvolle Adelige zu erwerben und diese auch für sich arbeiten zu lassen.
Das Palais Royal setzt sich aus 9 Räumlichkeiten zusammen, welche beliebig ausgelegt werden – nur das Tor bleibt immer in der Mitte des 3 x 3-Räume großen Palastes. Je nachdem, ob sich seine Diener (Spielfiguren) in den jeweiligen Räumen aufhalten, kann ein Spieler dort Aktionen durchführen.
Und so wird gespielt:
Jeder Spieler erhält 18 Diener seiner Farbe; die restlichen Diener kommen in einen allgemeinen Vorrat. 3 dieser Diener setzt nun jeder aus seinem Vorrat auf das Treppenhaus und 2 auf den Ehrenhof. Anschließend darf jeder Spieler (der Startspieler beginnt natürlich) noch 5 weitere Diener im den Räumlichkeiten des Schlosses verteilen. So bleiben ihm schließlich 7 Diener in seinem Vorrat. Zum Schluss erhält jeder noch Gold: Nun gut, der Startspieler bekommt nichts, der zweite in der Reihenfolge erhält 1 Gold, der dritte 2 und der vierte 3 Gold.
Seinen Zug führt der aktive Spieler in folgender Reihenfolge aus; falls er gerade die Mehrheit von Dienern in einem Raum hat, darf er den Mehrheitenbonus nutzen (in Klammern):
- Für jeden seiner Diener im Ehrenhof setzt er einen Diener auf das Tor (einen Diener mehr).
- Je nachdem, wie viele eigene Diener im Treppenhaus sind, darf er seine Figuren von einem Raum in den anderen bewegen, z. B. 3 Diener = bis zu 3 Bewegungen (eine Bewegung mehr).
- Je ein Gold bekommt er für jeden Diener in der Münzerei (ein Gold mehr).
- Die Anzahl seiner Diener in der Schreibstube legt fest, wie viele Adelige er möglicherweise anwerben kann (kein Mehrheitenbonus).
- Je nachdem, wie viele Diener im Kabinett des Königs bzw. der Königin sind, besitzt der Spieler Siegel für die Anwerbung von Adeligen (einen Diener mehr).
- Nun kann der Spieler Adelige (egal welche) aus dem Schlosspark anwerben. Dazu muss er den auf den Adeligenplättchen angegebenen Preis bezahlen (Gold, Diener aus den beiden Kabinetten) und nimmt auch pro Adeligen, den er kauft, je einen Diener aus der Schreibstube.
- Am Ende seines Zuges zieht er so viele Privilegkarten, wie es der Anzahl seiner Diener am Hintereingang entspricht; für jede Karte, die er behält, stellt er einen Diener zurück in seinen Vorrat.
Ist der Startspieler an der Reihe und es befinden sich nur noch 12 oder weniger Adelige im Park, kommt jeder Spieler nochmals an die Reihe. Danach endet das Spiel. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt; diese lassen sich so errechnen:
- Anzahl der Siegpunkte (auf den Adeligenplättchen)
- Anzahl der Siegpunkte auf den (ausgespielten) Privilegkarten
- Punkte durch die Wertung des Parks (pro Randreihe des Parks gibt es für die Mehrheit dort 6 zusätzliche Siegpunkte)
Fazit
Die Beschreibung zu Palais Royal kann nur andeuten, worum es in diesem Spiel geht; dieses besitzt nämlich eine erstaunliche Tiefe, die sich meist erst nach einigen Partien auftut.
Der Spielablauf ist spätestens nach einer (Test-)Partie schnell umsetzbar und verständlich. Ein besonderes Lob verdient wieder einmal die Regel; es konnte keine Unklarheit entdeckt werden, was das Spielen natürlich ganz einfach macht – und das ist bei einem anspruchsvollen Spiel ja nicht unwichtig!
Ein ganz wichtiger Faktor in dem vorliegenden Werk ist die Mehrheitenregel. In den Räumen darf ich – bei eigener Mehrheit – einen zusätzlichen Diener setzen, was durchaus zu beachten ist, kann ich damit doch meine Aktionsmöglichkeiten deutlich verbessern. In diesem Zusammenhang liegt natürlich ein besonderer Augenmerk auf dem Kardinal (bzw. seinem Zimmer): Besitzt ein Spieler dort die Mehrheit, so bricht er einen Gleichstand in den anderen Räumen stets zu seinen Gunsten.
Die Adeligenplättchen sind unser großes Ziel: Da gibt es auf der einen Seite die einfachen, welche „nur“ Siegpunkte bringen; zu beachten sind jedoch (und gerade im ersten Teil des Spiels) die Adeligen, die wenig Siegpunkte bringen, aber Zusatzaktionen ermöglichen und welche nach dem Kauf für den Rest des Spiels gelten, z. B.:
- zusätzliche Geldeinnahmen pro Zug
- zusätzliche Diener beim Nachschub
- zusätzliche Bewegungen beim Laufen durch die Räume
- die Möglichkeit, seine Diener diagonal durch die Räume zu bewegen
- zusätzliche Diener, die in den eigenen Vorrat gelegt werden (= mehr Personal, das der Spieler geschickt einsetzen kann)
Nachdem nur 36 der 42 Adeligenplättchen im Spiel sind, sollte auf die im Spiel befindlichen Adeligen geachtet werden; möglicherweise sollte man sich ein Plättchen sichern, das nur einmal vorhanden ist …
Nicht zu verachten sind natürlich auch die Privilegkarten; es gibt durchaus Spieler, die besonders auf diese Karten setzen, d. h. sich immer wieder auf den Hintereingang begeben, um möglichst gute Aktionsmöglichkeiten zu bekommen (z. B. zusätzliche Goldeinnahmen, Bewegungspunkte, Siegpunkte). Bei einer Karte ist es sogar erlaubt, alle seine Diener auf das Tor zu setzen …
Interessant finde ich auch die Regel bezüglich der Reduzierung der Goldkosten: Für jedes Feld, das bei dem Adeligen, den ich kaufen will, direkt angrenzt und frei ist, zahle ich 1 Gold weniger. Da können manchmal scheinbar teuere Adelige auf einmal zum Schnäppchen werden und gerade gegen Ende des Spiels sind die Goldeinkünfte dann auf einmal nicht mehr so wichtig.
Ein wichtiger und manchmal entscheidender Faktor ist die Parkwertung: Am Ende des Spiels gibt es Siegpunkte für die Adeligen, die von den Randreihen des Parks erstanden worden sind. Diese Zusatzpunkte sind bei der Endabrechnung nicht unerheblich. Beim Kauf eines Randplättchens setzt der Spieler einen eigenen Diener auf das entsprechende Feld, um seine Machtansprüche zu signalisieren. Dieser Diener fehlt dann jedoch im Schloss selbst. Sollte diese Strategie also nur angewendet werden, wenn man vorher bereits zusätzliche Diener zu sich geholt hat? Jeder möchte ja auch genügend Diener im Schloss haben! Diese Frage muss jeder Spieler selbst für sich entscheiden; gerade im Spiel zu zweit scheint hier Vorsicht geboten!
Der einzige Kritikpunkt an diesem Spiel könnte das „jeder spielt für sich allein“ sein. Es gibt wenig Möglichkeit und Notwendigkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Natürlich hört man genügend Stoßseufzer und Gejammer, wenn einem die Spieler einen Adeligen vor der Nase wegschnappen, aber ansonsten wird wenig miteinander gesprochen. Weil – gerade bei der Mehrheitenregel – vieles von den Mitspielern abhängt, sind in meinen Testrunden schon manche Gespräche geführt worden, die gut gemeinte Ratschläge beinhalteten, hauptsächlich aber wohl davon ablenken sollten, welchen nächsten Zug man selbst vorhatte.
Für mein Empfinden ist Palais Royal ein hervorragendes Spiel, das sicherlich seine Liebhaber finden wird. Da sich die Tiefe dieses Werks erst nach einigen Spielen offenbart, werden Gelegenheitsspieler eher nicht zur Hauptzielgruppe zählen, was eigentlich schade ist; denn wer Palais Royal links liegen lässt, versäumt einiges!
Der zuerst geführte Titel des Spiels "Versailles" hätte mir selbst noch besser gefallen, aber da hatten wohl die Schlossherren aus Frankreich etwas dagegen. Egal! Das Spiel lohnt sich!
Rezension Alfons Leierseder
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.