Spielziel
Die Universitätsstadt Coimbra in Portugal ist eine der aufstrebenden Städte während des Zeitalters der Entdeckungen. Am Fluss Mondego gelegen liegt sie nahezu mittig zwischen Lissabon und Porto. Diese geographische Beschreibung musste von meiner Seite her sein, da ich persönlich die Stadt nicht kannte und auf einer Landkarte verorten konnte.
Ziel des Spiels ist es, möglichst viel Einfluss bei den wichtigen Bevölkerungsgruppen der Stadt zu erlangen und durch geschicktes Auswählen der Würfel die meisten Siegpunkte zu erlangen.
Ablauf
In Coimbra beginnt eine Runde damit, dass der Startspieler alle Würfel würfelt und diese für die gesamte Runde - insgesamt gibt es vier - vorgibt (Phase a). Danach muss in Reihenfolge jeder Spieler einen Würfel nehmen, diesen in seinen Würfelhalter setzen und in einen der vier Bereiche der Stadt platzieren (Phase b). Im obersten Bereich, dem Schloss, müssen die Würfel von links nach rechts vom kleinsten zum größten Wert gesetzt werden. In den drei anderen Teilen der Stadt (Oberstadt, Zentrum und Unterstadt) werden die Würfel von links nach rechts vom größten zum kleinsten gelegt, so dass hier der Spieler zuerst in Phase c werten darf, der den höchsten Würfel platziert hat. Während des Einsetzens der Würfel kann es außerdem passieren, dass sich z. B. zwischen eine 6 und eine 5 eine weitere 6 dazwischen schiebt und der Spieler mit Würfel 5 nunmehr erst an dritter Stelle bei der Wertung eines Stadtteils steht.
Die Wertung der Stadtteile startet nach dem Einsetzen aller Würfel mit dem Schloss (Phase c), wobei jede Stadt immer von links nach rechts gewertet wird. Der Spieler mit dem kleinsten Würfel im Schloss nimmt sich eines der offen ausliegenden Gunstplättchen und erhält sofortige Boni, z. B. Wachen oder Münzen, die auf der Spielerablage aufgedruckt sind und als Währung dienen, oder auch Boni, die für die restliche Runde gelten. Außerdem ist auf jeder Karte der Einfluss abgedruckt, den man auf der Einflussleiste bei den vier Bürgergruppen vorrücken darf. Danach wird der verwendete Würfel samt Würfelhalter auf die Spielerablage gelegt, da die Würfelfarbe für die spätere Einkommensphase (Phase e) wichtig ist. In der Reihenfolge Oberstadt -> Zentrum -> Unterstadt wird jetzt ebenfalls von jeweils links nach rechts gewertet, so dass jeder Spieler eine Karte kaufen kann. Der Preis der Karte bestimmt sich nach dem verwendeten Würfelwert und dem abgedruckten Symbol auf der Karte, die man erwerben möchte. Somit bezahlt man entweder in Münzen oder in Wachen. Kann oder möchte man dies nicht tun, bleibt immer die Notaktion, bei der ein Spieler zwei Münzen und zwei Wachen erhält. Die erworbenen Karten werden unter oder neben der Spielerablage an ihre jeweiligen Plätze gelegt und bringen entweder direkt Boni in Form von Münzen, Wachen und Siegpunkten oder bestimmte dauerhafte Boni für andere Runden, was als Symbol gekennzeichnet ist.
Nachdem alle Stadtteile gewertet wurden, wird die Spielerreihenfolge neu bestimmt (Phase d). Wer bis zu diesem Zeitpunkt die meisten Kronen (abgedruckt auf Gunstplättchen oder Karten) gesammelt hat, der wird neuer Startspieler. Dabei besitzen weiter hinten liegende Spieler auf dem Spielbrett bereits weitere Kronen, so dass hier ein gewisser Ausgleich erfolgt.
In der Einkommensphase wird die Einflussleiste gewertet (Phase e). Gewertet wird pro Spieler nur die Farbe, die man jetzt als Würfel in seinem Würfelhalter vor sich liegen hat. Graue Würfel entsprechen der Ratsleiste, orange der Händlerleiste, lila der Kirchenleiste und grüne der Gelehrtenleiste. Der Wert des Würfels ist dabei nicht mehr von Interesse. Auf jeder der genannten vier Leisten wandert nach dem Kauf einer Karte in Phase c ein farbiger Chip des Spielers auf den Zahlen 1 bis 15 nach oben. Dabei stellt ein Block auf der Leiste immer ein entsprechendes Einkommen dar (z. B. erhält man bei 1 bis 3 Ratsmitgliedern 3 Wachen als Einkommen). Auf der Ratsleiste erhält man ausschließlich neue Wachen für die Spielerablage, bei den Händlern Münzen für die Münzleiste, auf der Kirchenleiste erhält ein Spieler immer Schritte für den Pilger, der auf dem Hauptspielbrett durch das Land zieht und Boni einsammelt, und auf der Gelehrtenleiste werden Siegpunkte generiert. Je höher man sich auf jeder der vier Leisten befindet, umso mehr Einkommen erhält man letztlich.
In der letzten Phase einer Runde können wir noch Expeditionen ausstatten (Phase f), die bei Spielbeginn zufällig gezogen wurden und für das gesamte Spiel gelten. Diese geben immer entweder sofortige Boni oder zusätzliche Siegpunkte bei Spielende. Nach vier Runden endet das Spiel, und die Siegpunkte werden vergeben
Fazit
Coimbra besticht zunächst durch die Farbwahl und Grafik: Das Meer schimmert türkis und mit ihm der Bereich des Spielbretts, der die Expeditionen darstellt. Portugal in der Mittel mit den Pilgerpfaden ist in sanftem Grün gehalten und die kleinen Städte sowie Coimbra sind optisch einfach aber passend aufgedruckt. Die vier Stadtteile links fügen sich wunderschön in das Gesamtbild ein. Dazu kommen die Farben der Einflussleiste, mit wichtigen Bürgern der Stadt in grau (Ratsmitglieder), orange (Händler), lila (Geistliche) und grün (Gelehrte), wobei die Farben zeitgleich auch denen der Würfel entsprechen, da Würfel und Leiste geschickt miteinander verknüpft sind. Nicht zuletzt fällt bei den Würfeln selbst haptisch sofort auf, dass diese größer als normal sind.
Ein Spiel mit der vorliegenden Verzahnung von Würfeln, Karten und Spielbrett muss zwangsläufig über eine gute Ikonographie verfügen, da ansonsten aus Spielspaß sehr schnell Frust werden kann, wenn man wieder und wieder in der Regel nachschlagen muss. Coimbra gelingt dies meines Erachtens außergewöhnlich gut. Angefangen vom Spielbrett und den darauf abgebildeten Spielelementen (allen voran den Plättchen der Pilgerreise), über die Spielerablagen, bis hin zu den einzelnen Karten und Gunstplättchen. Jede Information erschließt sich fast augenblicklich und ermöglicht es jedem Spieler für sich seinen Zug zu planen.
Ein großes Lob verdient an dieser Stelle die Spielerablage, welche nicht nur als Sammelpunkt für Münzen, Wachen und verwendete Würfel dient, sondern auch die kompletten Phasen einer Spielrunde anzeigt, Ablagepunkte für Karten beinhaltet und die Punkte, die bei der Endwertung vergeben werden.
In den vier Runden selbst versetzt das Spiel einen immer wieder in verschiedene Zwänge: Kann ich mir teure Würfel überhaupt leisten oder muss ich erst wieder an Wachen und/oder Geld kommen? Nehme ich lieber einen geringeren Würfelwert und hoffe, dass sich in den Stadtteilen niemand in der Reihenfolge vordrängelt? Kann ich mir überhaupt die passende Würfelfarbe leisten, um in der Einkommensphase die richtige Leiste zu werten?
Oftmals kann man den gewünschten optimalen Würfelwert oder die dringend benötigte Würfelfarbe nicht erhalten, weil der Wurf zu Rundenbeginn vorgibt, ob es eine günstige oder teure Runde wird. Außerdem ist die Spielereihenfolge wichtig, wobei ich mich auch gern mal nicht auf Platz 1 gedrängt habe, da man so sehen kann, was andere Spieler planen. Mir gefällt der Mechanismus über die Würfel sehr, da er jede Runde unvorhersehbar macht und diese abwechslungsreich gestaltet, allerdings nicht unplanbar. Manchen Spielern mag dies ein zu starker Glücksanteil sein, ich finde ihn für dieses Spiel gerade richtig, da jedem Spieler während einer Runde immer noch genug Möglichkeiten offenstehen.
Als Punktesalat würde ich das Spiel dabei nicht verstehen, vielmehr entscheidet ein Spieler sich in jeder Runde, was er gerne erreichen möchte und wie er ggf. Alternativen nutzen kann, falls dies nicht möglich ist. Ein wenig störend finde ich es hier, dass es recht schwer ist, sich auf die Spielerreihenfolge in der nächsten Runde zu konzentrieren und dabei den optimalen Zug durchzuführen. In unseren Spielen haben alle die Phase der Reihenfolgeberechnung eher als Überraschung empfunden und wussten meist zuvor nicht, an welcher Stelle sie in der Folgerunde stehen würden. Die unterschiedlichen Möglichkeiten, Punkte zu sammeln, erschließen sich sicherlich nicht mit dem ersten Spiel. Dafür wird es sicherlich einige Runden dauern, dennoch fühlten wir uns während der ersten Partien nicht verloren, sondern hatten die Wertungen zumindest halbwegs im Blick, wobei der Sieger nicht absehbar war und es bis zum Schluss spannend blieb.
Das Thema bleibt der größte Kritikpunkt, da das Spiel eigentlich keinen Bezug zu Portugal oder Coimbra entwickelt. Hier hätte man jedes beliebige Thema wählen können und das Lektorat allein weiß wohl, welches ursprünglich dafür geplant war. Positiv dagegenhalten möchte ich allerdings, dass die zuvor besprochene Farbwahl und Grafik insgesamt überzeugt und das Spielbrett sowie das gesamte Material (welches übrigens vorbildlich in der Box verstaut werden kann) ein deutlicher Pluspunkt sind. Spieler die gern optimieren und sich dabei auch auf Würfelglück verlassen, sind hier abschließend bemerkt auf jeden Fall richtig, wobei man das Spiel schon einige Male spielen muss, um alle Feinheiten wirklich überblicken zu können.
Rezension Nick Bornschein
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.